ATTACkiert
Natürlich war ich am 28.03. in Berlin zur Demo unter dem Motto "Wir zahlen
nicht für Eure Krise!" Dazu wurde ja - außer seitens der Gewerkschaftsspitzen,
was hätten die auch mit der Lage der Lohnarbeiter in der Krise und den
Bestrebungen, die Lasten auf sie abzuwälzen, zu tun - breit mobilisiert. Mit
etwa 30000 Teilnehmern aus einem breiten Spektrum von Parteien, Organisationen
und Bündnissen war das mal wieder ein Lichtblick.
Um darauf aufmerksam zu machen, daß schon ein deutscher Staat ohne Krisen,
Arbeitslosigkeit, soziale Unsicherheit usw. existierte, trat ich dort mit einer
DDR-Flagge auf, wofür ich viel positive Resonanz erfuhr. Allerdings wurde ich
schon während der Auftaktkundgebung mehrfach von anderen Demonstranten
attackiert – na ja, kein Wunder nach Jahrzehnten ständig intensivierter
anti-DDR-Hetze.
Als ich dann im ersten Block der Demonstration mitlief (einem der
Anmelderbündnisse), war dann Einigen die Fahne wohl doch zu antikapitalistisch.
Ich wurde zunächst verbal, dann tätlich attackiert, wobei die Fahne zerrissen
wurde. Ich sah mich plötzlich von einer kläffenden und mich schubsenden und
ziehenden Meute mit haßverzerrten Gesichtern umringt, welche meine Flagge mit
unsinnigsten Begründungen verbannen wollten: diese (eine!) Fahne gäbe der
Demonstration (von 30000 Leuten!) eine falsche Prägung, man könne nicht mit der
Fahne eines Staates auftreten, in dem keine Meinungsfreiheit herrschte (während
sie gerade handgreifliche Zensur übten), bis hin zur genialen Parole einer
Frau, man wolle keine Deutschlandfahne(!) in der Demonstration. Derselben Frau,
welche dann mit einer Schere auf mich losging, wahrscheinlich, um friedlich den
Stein des Anstoßes zu zerschlitzen - aber das hatte Ihr bereits ein anderer
anti-Krisen-Demonstrant abgenommen. Das ganze geschah unter unmittelbarer Nähe
von Demonstranten, und zwar denen der ersten Reihe, von attac, ver.di, anderen
Gewerkschaften, Katja Kipping von DIE LINKE, welche dem Vorgehen gegen mich
ausdrücklich Beifall bekundete und dem DKP-Vorsitzenden Heinz Stehr, der in
etwa 3m Entfernung vom mehrminütigen lautstarken Geschehen taubblind spielte.
Wer solche Leute an seiner Seite hat, braucht keine Feinde mehr - und wer
solche Leute als Untertanen hat, braucht sich vor ihren Wochenendspaziergängen
mit halbherzigen Parolen auf Spruchbändern nicht fürchten.
Dennoch ließ sich die Polizei nicht nehmen, ihre gewohnte Tradition
unprovozierter Prügelorgien zu pflegen, Köpfe blutig zu schlagen und ein paar
Leute festzunehmen. Wobei diesmal sofort bei jeder Aktion auffallend viele
Demonstranten und Journalisten die Übergriffe der Polizei intensiv
fotografierten und filmten.
Insgesamt erweckte die Demonstration nicht den Eindruck, daß der Mehrheit der
Demonstranten schon die Ursache der Krise und die einzige Alternative - der
Sozialismus - bewußt ist. Was noch dadurch unterstrichen wurde, daß sie auf der
Abschlußkundgebung kräftig einem Gewerkschafter applaudierten, welcher sich
pseudoradikal lautstark gegen den „Finanzmarktkapitalismus", nicht etwa den
Kapitalismus, wandte und die Bestrafung der Verantwortlichen forderte. Durch
wen denn? Durch die juristischen Spießgesellen der Täter innerhalb der
bürgerlichen Klassenjustiz?
Insgesamt muß immer noch eingeschätzt werden, daß die meisten Bundesinsassen,
selbst
die kritischen, noch weit von einem revolutionären Bewußtsein entfernt sind.
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