Bürgerliche versus sozialistische Demokratie und Kommunismus
Bürgerliche Ideologen haben manchmal sogar Recht: Sozialistische Demokratie
kann niemals eine wirkliche Demokratie sein.
Bei dieser richtigen Aussage handelt es sich jedoch nicht um das
sprichwörtliche vom blinden Huhn gefundene Korn, nein, sie dient schlicht der
Untermauerung einer Lüge - der Lüge von der Demokratie im Kapitalismus.
Der wörtlichen Übersetzung von Demokratie ist Volksherrschaft. Im
gesellschaftswissenschaftlichen Sprachgebrauch wird darunter aber auch eine
Staatsform verstanden, welche vom Charakter des Staates (kapitalistisch oder
sozialistisch) bestimmt wird.
Im Kapitalismus hat der Staat die Aufgabe, die Diktatur der Kapitalistenklasse
(der Bourgeoisie), einer Minderheit, zu sichern und Regeln der Unterdrückung
und Ausbeutung der werktätigen Bevölkerung (Lohnarbeiter und Selbständigen)
festzulegen sowie durchzusetzen.
Die bürgerlich-parlamentarische Scheindemokratie ist dementsprechend
beschaffen: Parteien- und Wahlgesetz sollen gewährleisten, daß nur willige
Lakaien des Kapitals in Positionen gelangen, gewählt zu werden. Das erklärt,
warum wechselnde Regierungen keinerlei Einfluß auf grundlegende Tendenzen der
gesellschaftlichen Entwicklung haben.
Das heißt, daß das Parlament "demokratisch" legitimiert wird, indem das blöde
Stimmvieh vierjährlich über die Farbe der Livree der Lakaien entscheiden darf,
also zwischen "rot", "schwarz", "grün" und "gelb", neuerdings sogar "braun",
wählen darf. Allerdings existiert keine demokratische Kontrolle, die
Regierungsbildung und die politischen Entscheidungen sind vom blöden Stimmvieh
(Spitzname: "mündige Wähler") nicht beeinflußbar.
Zudem haben die Medien wesentlichen Einfluß auf die Meinungsbildung und damit
auch die Wahlentscheidung. Sie gehören fast ausschließlich Kapitalisten oder
dem Staat (den Lakaien der Kapitalisten, das heißt dann
"öffentlich-rechtlich").
Das alles führt natürlich dazu, daß in der bürgerlichen Demokratie die
Interessen einer schmarotzerischen Minderheit (der Bourgeoisie) zum Schaden der
ausgebeuteten Mehrheit (des Proletariats) durchgesetzt werden. Darum kann beim
besten Willen nicht von einer Volksherrschaft, dem Wortsinn der Demokratie, die
Rede sein.
Eingangs stimmte ich bürgerlichen Ideologen zu, daß die sozialistische
Demokratie keine wirkliche Demokratie nach dem Wortsinn ist. Sie ist aber
wesentlich demokratischer.
Die Erklärung ist einfach: auch die sozialistische Gesellschaft ist eine
Klassengesellschaft, in der es eine herrschende und eine unterdrückte Klasse
gibt. Im Unterschied zur kapitalistischen Gesellschaft herrscht aber die
werktätige Mehrheit, die Arbeiterklasse (Proletariat), über die Reste der immer
noch existierenden Kapitalisten (Bourgeoisie).
Neben der demokratischen Legitimation, die durch Wahlen umgesetzt wird,
existieren auch Mechanismen der demokratischen Kontrolle, welche z.B. in der
DDR durch die Möglichkeit von Eingaben und die Parteikontrollkommission [1] umgesetzt waren. Dieses Grundprinzip der gesellschaftlichen Organisation heißt
demokratischer Zentralismus.
Der Sozialismus kann somit nicht allen Interessen gerecht werden, insbesondere
nicht den Interessen der immer noch existierenden Kapitalisten. Ihnen darf
natürlich kein Einfluß auf die gesellschaftliche Organisation zugestanden
werden. Da sie aber zum Volk gehören, aber von der Machtausübung ausgeschlossen
werden, kann also der sozialistische Staat keine Herrschaft des gesamten Volkes
(Demokratie) gewährleisten. Aber er setzt - im Unterschied zum kapitalistischen
Staat - die Herrschaft der (werktätigen, proletarischen) Mehrheit gegen die
immer noch vorhandene (schmarotzerische, bourgeoise) Minderheit um.
Erst der Kommunismus ist wirkliche Demokratie. Im Kommunismus ist das
Privateigentum an gesellschaftlichen Produktionsmitteln vollständig in
gesellschaftliches Eigentum umgewandelt. Das Recht auf und die Pflicht zur
Arbeit zum Wohl der Gemeinschaft gelten für Alle. Dadurch sind auch die
Klassengegensätze aufgehoben. Dadurch ist kein Instrument der Herrschaft einer
Klasse über eine andere mehr notwendig - ein Staat existiert nicht mehr. Alle
üben in vollem Umfang die "Herrschaft" über die Gemeinschaft aus, also auch
über sich selbst, womit auch die Begriffe der Herrscher und der Herrschaft
hinfällig werden.
Daraus ergibt sich, daß keine "Demokratie" im gesellschaftswissenschaftlichen
Sinn einer Staatsform mehr existiert, sondern, daß der Kommunismus selbst die
wirkliche Demokratie ist.
13.03.2005
Torsten Reichelt
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[1] Ich kann hier nicht auf die Gründe der offensichtlichen Unwirksamkeit in der DDR eingehen, deren Folgen in der Revolte 1989 sichtbar wurden. Diese Unwirksamkeit war einer der Faktoren, welcher der Konterrevolution, der kapitalistischen Restauration, zum vorübergehenden Erfolg verhalf.