60 Jahre D-day: Notbremse des Eurosozialismus
Das hatten die sich so gedacht: nachdem die deutsche Rüstungsindustrie mit
US-Kapital in den 30er Jahren aufgepäppelt und den Nazis unter die Arme
gegriffen wurde, sollten die Marionetten dann erstens für die Auslastung der
Kapazität sorgen und zweitens ihren Hunger nach Gebieten und Märkten im Osten
stillen - und als angenehmen wie zentralen Nebeneffekt den Kommunismus in der
Sowjetunion vernichten (praktischerweise gleich samt der tätigen und
potentiellen Kommunisten).
Dummerweise ging das gründlich in die Hose - das kommt eben davon, wenn
Marionetten einen eigenen Willen haben und eine Eigendynamik entwickeln. Kurz:
sie rissen sich von den Stricken los und taten sich auch im Norden, Westen und
Süden gütlich.
Das wäre ja noch zu verkraften gewesen. Aber leider wurde das Hauptziel, die
Zerschlagung der Sowjetunion, nicht nur verfehlt, sondern die Rote Armee drang
unaufhaltsam Richtung Westen vor. Und sie hätte die letzten Kräfte der
Wehrmacht und SS an den portugiesischen, spanischen und französischen Küsten
aufgerieben, die ja der Rückzugsraum gewesen wären - vielleicht sogar an den
englischen, walisischen, schottischen und irischen.
Das hätte den schlagartigen Eurosozialismus zur Folge gehabt (und ich meine
hier Sozialismus im Marxschen/Leninschen und nicht Noskeschen/Schröder(s)chen
Sinne. Um das zu verhindern, war der Kriegseintritt der USA (und darin
eingebunden der D-day) unbedingt erforderlich, nicht etwa, um Westeuropa und
Teile Mitteleuropas zu "befreien", sondern um wenigstens dort die Versklavung
der Lohnarbeiter (den Kapitalismus) aufrechterhalten zu können.
Nun gut, mit Sicherheit hat diese Zange, in die das faschistische Deutschland
geriet, vorerst viele Menschenleben gerettet. Aber sie fordert bereits neue
Opfer: die Opfer der Aggressionskriege, die derzeit von europäischen Ländern
ausgehen oder als Bürgerkriege in ihnen geführt werden (vom Kosovo bis Irak).
Bezeichnend war ein Interview, welches ich am 05.06.2004 auf dem
"Deutschlandfunk" hörte, ein Interview mit einem Franzosen anläßlich des D-day,
der zum Ausdruck brachte, die Wehrmacht hätte "auch nur ihren Job gemacht".
Angriffs- und Vernichtungskriege als "Job"! (Dann war die Judenvergasung in
Auschwitz wohl auch nur ein "Job"?) Aber der Perversion nicht genug: (Wohl)
ausgewählte britische Veteranen lobten die hohe Effizienz und den Kampfgeist
der deutschen Wehrmacht. Ob das ihre toten und verkrüppelten Kameraden,
deren Frauen und Kinder wohl auch so gesehen haben? Jedenfalls wurde von denen
Keiner gefragt.
Aber noch nicht genug des Unsinns: Allen Ernstes wurde der "D-day" als
Wendepunkt des Zweiten Weltkrieges dargestellt. Bisher galt selbst bürgerlichen
Quellen immer noch die Schlacht um Stalingrad als solcher. Das ist eindeutig
Geschichtsfälschung.
Diese Art von Berichterstattung läßt alte Kriegsromantik wieder auferstehen.
Dies ist nicht anders als als ideologische Kriegsvorbereitung zu werten. Das
heißt, so richtig vorbereitend ist das längst nicht mehr. Während die "alte
Garde" ihr vergangenes Heldentum feiert, führen ihre Nachfolger Seite an Seite
bereits neue Aggressionskriege: Kosovo, Afghanistan, Irak... . Und die
Bundesregierung untermauert diesen Schulterschluß: Gerhard Schröder war der
erste Bundeskanzler, welcher an den "D-day"-Feierlichkeiten teilnahm.
Eingeladen war Helmut Kohl auch schon.
Was ich fast vergessen hatte: die Kriegspropagandamedien haben den 8. Mai
scheinbar etwas verdrängt, an dem nämlich die Rote Armee dem faschistischen
Wahnsinn den Garaus machte. Offensichtlich leider nur vorübergehend.
Stephan Hermlin:
Es ist wieder soweit,
oh Deutschland hoch in Ehren.
Sie wollen Dich verheeren
als wie in alter Zeit.
Wichtig ist der Refrain:
Ihr müßt Euch selber retten!
Das nimmt Euch keiner ab.
Steht auf in Dörfern und Städten
gegen das Massengrab! Gegen das Massengrab!
08.06.2004
Torsten Reichelt
Zur Hauptseite Zur Textübersicht