Egoismus, Altruismus, Kommunismus

Im Kapitalismus sind in zwischenmenschlichen Beziehungen hauptsächlich zwei Verhaltensmuster zu beobachten. Das sind Egoismus[1] (gegenüber Anderen rücksichtsloser Eigennutz = dummes Bösmenschentum) und Altruismus[2] (gegenüber sich selbst rücksichtslose Aufopferung = dummes Gutmenschentum). Beide sind auf verschiedene Art schädlich. Ich stelle diese hier dem optimalen Verhaltensmuster Kommunismus[3] (Gemeinnutz, Betrachtung des Einzelnen als Teil der Gemeinschaft) gegenüber. Der Gemeinnutz ist nicht nur schon lange als das optimale Verhaltensmuster bekannt[4] , sondern anhand soziologischer Modelle und Computersimulationen aus der Spieltheorie beweisbar[5].

Tabelle 1:
Eigenschaften und Wechselwirkung von Egoisten, Altruisten und Kommunisten
EgoistAltruistKommunist
Verhaltensmuster
Rüchsichtsloser Eigennutz: Handelt zum eigenen Nutzen, auch bei fremdem SchadenSelbstaufopferung: Handelt zum Nutzen Anderer, auch bei eigenem SchadenGemeinnutz: Handelt zum Nutzen der Gemeinschaft, damit als deren Teil auch zum eigenen
Wirkung auf Andere
Führt rücksichtslos fremden Schaden herbei oder nimmt ihn in KaufNutzt jedem Anderen, egal, ob Egoist, Altruist oder Kommunist; läßt sich von Egoisten schaden und bestätigt sie dadurch in ihrem HandelnKooperiert mit anderen Kommunisten und Altruisten; läßt sich von Egoisten nicht ausnutzen; wirkt auf Altruisten ein, Egoisten nicht zu nutzen
Wirkung auf die Gemeinschaft
Der Schaden, den er Anderen zufügt, entsteht innerhalb der Gemeinschaft und damit an der GemeinschaftSchadet der Gemeinschaft, da sein eigener Schaden auch als gemeinschaftlicher wirkt; unterstützt den durch Egoisten verursachten SchadenNutzt der Gemeinschaft und hindert Andere, ihr zu schaden
Verhalten gegenüber Anderen
Unversöhnliche Feindschaft gegenüber Kommunisten, die den Egoismus nicht dulden; heuchelt gegenüber Altruisten Freundschaft, solange die ihm nutzenFreundschaft gegenüber Jedermann, gleichgültig, ob dieser Anderen nutzt oder schadetUnversöhnlich gegenüber Egoisten; zwingen Andere zum Gemeinnutz, das heißt: Egoisten, auch Anderen und Altruisten, auch sich selbst zu nutzen
Dauerhafte Funktionsfähigkeit in Gesellschaft mit Seinesgleichen
Nein. Unter sich werden die aggressivsten Egoisten andere zum Altruismus zwingenNein. Da menschliches Verhalten immer wieder Egoismus hervorbringen kann und dagegen kein Schutz seitens der Altruisten besteht, ist eine dauerhaft auf Altruismus beruhende Gesellschaft nicht stabilJa. Der Gemeinnutz verhindert aktiv, daß egoistisches Verhalten erneut Einfluß gewinnen kann. Bildung und Erziehung gewährleisten, daß der Gemeinnutz nicht wieder in dummes Gutmenschentum = Altruismus zurückfällt

Wo finden sich diese Verhaltensmuster in der kapitalistischen Gesellschaft der BRD? Welche Auswirkungen haben sie?

Die mehrheitliche Meinung ist, “der Mensch” sei egoistisch. Bei der Straßenagitation in Dresden mache ich immer wieder die Erfahrung, daß sich Menschen zu ihrem Egoismus bekennen. Die meisten dieser Menschen sind aber gleichzeitig Altruisten. Sie opfern sich für Andere auf, ohne das zu wissen. Sie bringen Anderen Leistungen, für die sie nicht oder unangemessen niedrig entlohnt werden.

Nehmen wir das Beispiel eines beliebigen Lohnarbeiters in der BRD. Er ist Egoist gegenüber denen, welche eine ähnliche oder “niedrigere” soziale Stellung einnehmen. Das sind nicht nur Kollegen, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger innerhalb der BRD, sondern auch Menschen im Hinterhof seines Lebens: indische Kinder, die seine T-Shirts nähen, kolumbianische Kaffeebauern, deren Produkte er genießt, während sie an der Grenze ihrer Existenz arbeiten, Naturvölker, denen im Dienste seines Konsums die Lebensgrundlage entzogen wird (Regenwaldrodung).

Gleichzeitig ist er Altruist. Er opfert sich selbst für größere Egoisten auf, wie gesagt, ohne das zu wollen und meist ohne das zu wissen. Er schafft durch seine Arbeit Werte, wird aber nicht für seine volle Wertschöpfung entlohnt. Der Überschuß (Mehrwert) wird von den Schmarotzern einbehalten, für die er arbeitet, also von den Kapitalisten. Einen Teil des Einbehaltenen wandeln diese Schmarotzer in weiteres Privateigentum um (Akkumulation von Kapital) und führen davon ein Luxusleben, ohne selbst zu arbeiten. Von einem weiteren Teil bezahlen diese Schmarotzer ihre Lakaien in Management, Politik und Medien. Die sorgen dafür, daß der Lohnarbeiter gesetzlich gezwungen wird, sich ausbeuten zu lassen, und daß er darüber hinaus glaubt, das müsse so sein. Ein weiterer Teil wird in Form von Sozialleistungen dazu verwendet, diejenigen zu beruhigen, welche aus verschiedenen Gründen (Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter) keine Lohnarbeit mehr leisten können.

Altruismus ist keine Alternative. Das kann man schon daran erkennen, daß die größten Egoisten, die Kapitalisten, in ihren Medien immer wieder solchen dummen Gutmenschen lobhudeln, wie z.B. Mutter Teresa und Albert Schweitzer. Kein Wunder: Deren Altruismus gefährdet nicht ihren Egoismus, ihr schmarotzerisches Leben. Er bringt zudem Nachahmer hervor. Diese opfern sich dann wieder für Alle auf, also auch die Egoisten, und kommen - trotz ihrer richtigen Kritik des Bestehenden - nicht auf “gefährliche” kommunistische Ideen.

Der Altruismus hat seit Jahrtausenden seine dauerhafte Untauglichkeit bewiesen: seit knapp 2000 Jahren fallen beispielsweise (ur-)christliche Gemeinden immer wieder in den Egoismus zurück bzw. sind nicht in der Lage, die gesamte Gesellschaft zu bestimmen. Das gilt sinngemäß für alle anderen Gemeinschaften dummer Gutmenschen. Sie bleiben entweder Bestandteil von Klassengesellschaften, gehen in ihnen auf oder in sie über.

Aufgrund des Gemeinnutzprinzips ist und bleibt der Kommunismus die einzige dauerhaft mögliche Alternative zur egoistischen Klassengesellschaft. Das Verhaltensmuster Gemeinnutz gewährleistet, daß es sich selbst bei Abweichungen immer wieder selbst korrigiert (was natürlich heißt: von den Mitgliedern der Gemeinschaft korrigiert wird).

Obwohl das zunächst einfach klingt, waren die bisherigen Versuche ganz offensichtlich noch zu fehlerhaft (die Gründe habe ich in “Gescheitertes Modell Kommunismus” dargelegt). Deshalb stagnierte die Übergangsgesellschaft Sozialismus und wurde nicht weiter in Richtung Kommunismus entwickelt, sondern in den meisten Ländern durch eine kapitalistische Konterrevolution beseitigt. Das liefert uns - neben einer tiefen Enttäuschung - unschätzbar wertvolle Erfahrungen für den nächsten Versuch.

Diesen nächsten Versuch wird es zweifellos geben, da aus den (auch in anderen Aufsätzen) dargelegten Gründen eine Klassengesellschaft mit ihrem begleitenden Verhaltensmuster Egoismus nie langzeitstabil sein kann. Die Errichtung des Kommunismus ist eine Notwendigkeit[6]. Zudem ist er für ALLE die erstrebenswerte Gesellschaftsordnung, auch wenn unverbesserliche Schmarotzer und dumme Gutmenschen das nicht erkennen können und / oder nicht erkennen wollen.

13.03.2005

Torsten Reichelt

Zur Hauptseite   Zur Textübersicht

Das Umdenken



________________________
[1]Verhaltensmuster, welches nicht nur - wie gern beschönigt wird - Eigennutz, sondern rücksichtlosen Eigennutz beinhaltet.

[2]Verhaltensmuster, welches Selbstlosigkeit und Uneigennützigkeit im Fühlen, Denken und Handeln beinhaltet und auf das Wohl anderer, in letzter Instanz der "Menschheit überhaupt" gerichtet ist.

[3]Unter Kommunismus werden im Allgemeinen die Entwicklungsphasen der kommunistischen Gesellschaftsformation, die wissenschaftliche Theorie ihrer Errichtung und die revolutionäre marxistisch-leninistische Arbeiterbewegung verstanden. Hier bezeichnet Kommunismus das individuelle und gesellschaftliche gemeinnützige Verhaltensmuster, welches zur Errichtung der kommunistischen Gesellschaftsformation unabdingbar ist.

[4]Konfuzius: "Was man mir nicht antun soll, will ich auch nicht anderen Menschen zufügen.", Immanuel Kant: "Handle stets nach der Maxime, durch die Du wollen kannst, daß sie allgemeines Gesetz werde." (Kategorischer Imperativ), Goldene Regel: "Behandle jeden Menschen so, wie Du selbst behandelt werden möchtest.", Volksmund: "Was Du nicht willst, daß man Dir tu, das füg auch keinem Andern zu."

[5]siehe Aufsätze "Das Gefangenendilemma", "Das Böse", "Vom Geben und vom Nehmen", "Maßnahmen der Umgestaltung" und "Revolution!"

[6]Notwendigkeit bedeutet, daß aufgrund objektiver Gesetzmäßigkeiten keine andere Entwicklung möglich ist und demzufolge auch nicht durch individuelles Verhalten hervorgebracht werden kann.