Freiheit - das Maximum zukünftiger Möglichkeiten


VISA - die Freiheit nehm' ich mir. Marlboro, der Geschmack von Freiheit und Abenteuer. Freiheitlich-demokratische Ordnung. Freie westliche Welt... Ständig wird uns mit Hilfe dieses Wortes irgendwas eingeredet, was wir kaufen oder glauben sollen. Das Wort wird so häufig verwendet, daß man glatt meinen könnte, zu wissen, was es bedeutet. Und ganz bestimmt muß das irgendwas Gutes sein. Beim Nachdenken stolpert man aber schnell über einige Unklarheiten und Ungereimtheiten.

"Dieser Zustand, in dem ein Mensch nicht dem willkürlichen Zwang durch den Willen eines anderen oder anderer unterworfen ist." Friedrich von Hayek

Nun ja, ein Adelstitel berechtigt allemal zu klugen Sprüchen. Wie genau ist diese Beschreibung? Sie beinhaltet nur die Unabhängigkeit von fremdem Willen. Aber was ist mit den äußeren Umständen? Die können einen recht deutlichen Zwang ausüben. Beispielsweise existiert zum Atmen keine langfristige Alternative. Was ist mit äußeren Umständen, die fremdem Willen unterliegen, wie "gesellschaftliche" Normen, die unser Verhalten sehr weitreichend bestimmen?

Nimmt man alle Situationen zusammen, in denen wir nicht tun und lassen können, was wir wollen, ist von der Freiheit nicht viel übrig. Aber der Mensch hat dennoch einen freien Willen. Diesen kann er zum eigenen und fremden Nutzen oder Schaden gebrauchen und sich damit sogar gegen Gott, das Gesetz, wenden, der ihm laut Bibel den freien Willen gab.

Nur eben nicht ohne Folgen. Nehmen wir uns die Freiheit, Gott, dem Gesetz, zu folgen und uns an Jesu Tips zu halten, werden wir selbst, unsere Mitmenschen und Nachkommen, davon profitieren. Nehmen wir uns aber die Freiheit, egoistisch und arrogant eigene Regeln (falsche Götter) aufzustellen und Anderen zum eigenen kurzfristigen Nutzen zu schaden, ernten wir, Mitmenschen und Nachkommen die Folgen - bis in die dritte und vierte Generation (wenn das reicht).


Man könnte den Begriff aber noch erweitern: Freiheit ist, auch zukünftig immer neue Möglichkeiten zu haben, also zukünftige Freiheit. Hegel brachte das ganz gut auf den Punkt: "Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit."

Als mir das erstmals im Fach "Marxismus-Leninismus" erzählt wurde, erregte das heftigen inneren Widerstand. Wohl deshalb, weil gleichzeitig die "Partei der Arbeiterklasse" legitimiert werden sollte, zu entscheiden, was denn das Notwendige sei, dem ich mich unterzuordnen habe, um frei zu sein.

Nicht viel anders wurde und wird seitens verschiedener religiöser Institutionen argumentiert. Was durchgesetzt werden soll, wird kurzerhand für gottgewollt erklärt und damit legitimiert, daß der Durchsetzende ja ein ergebener Diener Gottes sei. Beweis: Keiner.

Allerdings finden sich in allen Religionen tatsächlich Aussagen zum objektiv Notwendigen, z.B. in den Geboten der Bibel. Allen voran "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst.". Im Humanismus unter Anderem auch. Selbst das Grundgesetz weist solche Züge auf.

Weder Arbeit noch Geld machen frei (wie bekannte Annahmen besagen), sondern sie schaffen Spielraum, den man richtig oder falsch nutzen kann. Nutzt man ihn richtig, gewinnt man an Freiheit. Engt man seinen Spielraum durch falsche Nutzung immer weiter ein, wird man unfrei.

Meine Definition ist: Freiheit ist das Maximum zukünftiger Möglichkeiten. Bei der Gelegenheit kann ich gleich noch Vernunft definieren: das Streben nach Freiheit.

Strebt man das Maximum zukünftiger Möglichkeiten, also die Freiheit, Aller an, erreicht man das eben nicht mit bürgerlichem Wunschdenken und egoistischem Streben nach einem individuellen, zeitlich begrenzten Maximum an Möglichkeiten, sondern nur durch bewußtes Handeln auf der Grundlage von Erkenntnissen, einschließlich der Selbstbeschränkung.

Eine andere (ältere) Formulierung ist: Freiheit ist, in einem Raum mit vielen Türen die zu wählen, die in einen weiteren Raum mit vielen Türen führt. Denkt man das Gleichnis weiter, ist eben keine Freiheit, die Tür in ein Luxuszimmer ohne Ausgang zu wählen.

Die folgende Verknüpfung ist dazu auch sehr interessant: Freiheit


12.03.2003, geändert 28.07.2004

Torsten Reichelt

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