"An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.
Kann man auch Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln?"
Weise Worte, welche Jesus zugeschrieben werden (Matthäus 7,16). An sie muß ich
immer denken, wenn derzeit aus sehr verschiedenen Ecken Kommentare zum
GDL-Streik ertönen.
Dabei ist mir völlig unklar, daß dazu irgendein Proletarier eine zurückhaltende
Position einnehmen kann. Naja, so unklar nun auch wieder nicht, weiß ich doch
um den Verrat der Stehkragenproletarier in Politik, Medien, Lobby und
Management wie auch um die unkritische Übernahme derer Parolen durch das
Lumpenproletariat. Denken ist, PISA-zertifiziert, nicht gerade eine Stärke
vieler Bundesinsassen.
Der Streik der GDL gegen Die Bahn kann aus der Perspektive der Ausgebeuteten
und Unterdrückten nur positiv bewertet werden. Denn im Unterschied zu anderen
Streiks in den letzten Jahren geht es bei diesem nicht nur um die Milderung
geplanter oder vollzogener Steigerung der Arbeitsleistung und / oder
Lohnkürzung und / oder Abbau von Arbeiterrechten, sondern um Forderungen nach
Verbesserungen der Lage der Ausgebeuteten an ihre Ausbeuter. Nicht um weniger
Verlust, sondern um Gewinn der Lohnarbeiter.
Die Kapitalistenmedien überschlagen sich deshalb geradezu in übelster
Demagogie. Einer der unsinnigen Vorwürfe ist der der Spaltung, weil ja die
Lokführer für die Interessen der Lokführer streiken und nicht für die
Interessen anderer Lohnarbeiter der Die Bahn. Ich wäre ja sehr gespannt, wie
diese Demagogen reagierten, wenn die Lokführer in ihre Forderungen die
Lohnerhöhung beim Reinigungspersonal aufnähmen. Was natürlich Unsinn ist, da
Gewerkschaften nunmal die Interessen der darin Organisierten vertreten und
nicht eine deutsche Lokführergewerkschaft die Interessen der Brasilianischen
Kaffeepflücker, was irgendwie auch logisch ist, obwohl um Letzterer Rechte
natürlich auch gekämpft werden muß.
Noch alberner ist der Vorwurf, durch die Streiks entstünde wirtschaftlicher
Schaden, wie z.B. seitens des Chemnitzer Arbeitsgerichts beim inzwischen
aufgehobenen Verbot von Streikaktionen im Güter- und Fernverkehr argumentiert
wurde. Das ist ja gerade der Witz an Streiks, wirtschaftlichen Schaden zu
verursachen, also Profitminderung der Bestreikten und Deresgleichen zu
erreichen, um sie zu Zugeständnissen zu zwingen, welche sie weniger Profit
kosten als der Streik.
Tja, und nun muß man sich nur noch ansehen, wer diesen Streik mit diesen
"Argumenten" kritisiert. Das sind die Spitzen einiger Gewerkschaften wie der
von der Klientel her nahestehenden GDBA und TRANSNET, aber auch der
frischgebackene IGM-Oberverräter Huber. Und zu meinem Entsetzen (naja, nicht
ganz so überraschend) auch die DKP. DIE LINKE verhält sich, wie gewohnt,
pluralistisch.
Derzeit existiert wohl innenpolitisch kein besserer Gradmesser der
Fortschrittlichkeit gesellschaftlicher Gruppen, Parteien und Organisationen als
der GDL-Streik. Wir jedenfalls wünschen der GDL Standhaftigkeit und maximalen
Erfolg. Möge der GDL-Streik zum neuen Startpunkt für den aktiven Kampf um
Rechte der Ausgebeuteten und Unterdrückten werden.
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