Eine begrüßenswerte Idee


Über den MDR wurde heute folgende Meldung verbreitet:

„Der Präsident der Kultusministerkonferenz Tesch hat vorgeschlagen, den 20. Jahrestag des Mauerfalls zum schulfreien Tag zu machen. Am 9. November sollten die Kinder und Jugendlichen stattdessen eine Gedenkstätte besuchen oder mit Zeitzeugen sprechen. Bundesbildungsministerin Schavan sprach in der BILD-Zeitung von einer guten Idee. Geschichte müsse erlebt werden."

Ich finde das eine gute Idee. Und habe auch schon ein paar Einfälle, was die lieben Kleinen zur Hebung ihrer Geschichts- und Gegenwartskenntnisse tun könnten.

Z.B. könnten sie ehemalige DDR-Betriebe aufsuchen und mit ehemaligen Arbeitern sprechen, wie das war, als diese Betriebe noch produzierten und keine blühenden Ruinenlandschaften waren.

Oder im Stadtpark ältere Obdach- und Arbeitslose darüber befragen, wie ihr Leben vor der Annexion der DDR war und sie danach ins soziale Abseits gestoßen wurden.

Oder eine Arbeitslosendisziplinierungsagentur aufsuchen und über die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen seit 1989 diskutieren. Hierbei besteht für höhere Klassen noch die Möglichkeit eines Zugewinns an mathematischen Kenntnissen, wie man durch veränderte Erfassungskriterien Millionen Arbeitslose statistisch ausblendet.

Oder ein Denkmal eines von Nazis in der BRD erschlagenen Ausländers oder Antifaschisten aufsuchen und sich von ehemaligen Ordnungskräften der DDR erklären lassen, warum in der DDR keine Nazis marschierten und sie auch keine Gelegenheit hatten, Menschen zu ermorden.

Oder auf einem Stadtrundgang nach ehemaligen Bibliotheken, Kultur-, Kinder- und Jugendeinrichtungen suchen und der Frage nachgehen, warum in der annektierten DDR mehr Bücher vernichtet wurden, als von den Faschisten 1933-45.

Oder eine Exkursion nach Stalinstadt, derzeit Eisenhüttenstadt, machen und moderne sozialistische Stadtarchitektur analysieren und gleichzeitig ihre Verwandlung in eine Geisterstadt der BRD hautnah erleben. Schon auf der Hinfahrt mit dem Zug könnten sie diskutieren, warum einige ihrer Mitschüler aus finanziellen Gründen nicht mitkommen konnten, während eine andere Projektgruppe die noch in Betrieb befindlichen und die vernagelten Bahnhöfe erfaßt.

Oder in Städten wie Dresden anhand alter Aufnahmen und Pläne erkunden, wie eine moderne, der Erholung, Entspannung und Kultur dienende Innenstadt mit Prager Straße und Webergasse zur häßlichen, engen und hektischen Konsumstätte verunstaltet wurde, und nebenbei noch eine Bettlerbefragung über spätere eigene Karrierechancen durchführen …


Das sind nur ein paar spontane Ideen, den 9. November 1989 in seiner ganzen Bedeutungsschwere den kommenden Generationen besser verständlich zu machen. Wobei ich dagegen bin, dies auf nur einen Tag und nur das 20. Jahr des Triumphes der Konterrevolution in der DDR zu beschränken.

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