Die ketzerische Version des Lebens Jesu
Über Jesus von Nazareth existieren viele Informationen. Neben den Evangelien
sind das historische Quellen (Briefe, Chroniken), archäologische Fakten, das
Turiner Grabtuch, Spekulationen über Verbindungen zu den Essenern bis hin zu
alten ägyptischen Religionen. Im Folgenden stelle ich ein mögliches Bild vor,
das sich daraus ergibt - wobei ich mir darüber im Klaren bin, daß es
wahrscheinlich weder vollständig noch richtig ist. Oder doch?
Inhalt
1. Die Weisheit Gottes und des Menschen
2. Die jungfräuliche Empfängnis, Jesu Geburt und Jugend
3. Taufe, Versuchung und Lehramt
4. Heilungen und andere Wunder
5. Feinde und Verurteilung
6. Kreuzigung und Auferstehung
7. Himmelfahrt
8. Der Plan
1. Die Weisheit Gottes und des Menschen
Für Gott ist es keine Kunst, von Anfang bis Ende Alles zu kennen und zu wissen,
da dies und Alles dazwischen Teil Gottes ist. Der Heilige Geist ist der Teil
Gottes, welcher mit dem menschlichen Bewußtsein wechselwirkt. Anders
ausgedrückt: Er ist das kollektive Bewußtsein der Menschheit während ihrer
ganzen Existenz. Aus Gründen, deren Erläuterung zu weit führen würde, wirkt er
in die Richtung, die das langfristige globale Überleben der Menschheit sichert.
Damit vermittelt er das Notwendige und Richtige, um den Plan Gottes - das Reich
Gottes - zu erfüllen. Nur Wenige nehmen ihn (zur Zeit) wahr, und zwar die,
deren Denken auf dieses Ziel ausgerichtet ist.
2. Die jungfräuliche Empfängnis, Jesu Geburt und Jugend
Durch ein unfreiwilliges Ereignis wurde Maria schwanger. Obwohl uneheliche
Kinder mitsamt ihrer Mütter in der Jüdischen Gesellschaft das Letzte waren,
nahm Joseph sie aufgrund einer Information des Heiligen Geistes an. Dieselbe
Informationsquelle dürften die Weisen gehabt haben.
Der Sinn ist einfach: die sozialen Eltern Maria und Joseph wurden dadurch
mehrfach überzeugt, daß Jesus eine besondere Aufgabe zukommt. Entsprechend
wurde er nicht als "normales" Kind behandelt und sicher sehr religiös erzogen.
Ihm wurden Freiräume geschaffen, durch welche er - im Zusammenhang mit
gewaltsamen Ereignissen im Rahmen der Römischen Besatzung - bereits in jungen
Jahren große Weisheit sammelte.
3. Taufe, Versuchung und Lehramt
Mit Jüdischer Regierung und Priesterschaft konnte er sich nicht identifizieren.
Da gefielen ihm die Ideen Johannes des Täufers schon besser - und er
beeindruckte diesen seinerseits. Mit der Taufe besiegelten beide den weiteren
Weg Jesu. Das intensive Erleben schaffte ein Schlüsselerleben des Heiligen
Geistes und die endgültige Sicherheit.
Aufgrund seiner Intelligenz und handwerklichen Fähigkeiten hätte er er ein
gutes Leben führen können - was ihm seitens seiner Umgebung und Familie
pausenlos unter die Nase gerieben wurde. Der ging langsam das Verständnis für
seine Weltverbesserei und Ketzerei aus. Was ihn wiederum zum Ausspruch trieb:
"Ein Prophet gilt nirgends weniger als in seinem Vaterland und in seinem
Hause.". In diesen Zeitraum dürften auch Fastenzeiten gehören. Die
Aufforderungen, den Quatsch zu lassen, waren die Versuchung und das leibliche
Wirken des Bösen.
Jesus war aber nicht mehr zu stoppen, da der Heilige Geist ständig in ihm
wirkte. Statt aufzuhören, fing er erst richtig an, seine Ideen zu verbreiten,
welche mit den Informationen des Heiligen Geistes übereinstimmten.
4. Heilungen und andere Wunder
Vieles ist sicher nicht zu erklären. Aber die Heilungen könnten zumindest
teilweise auf dem Placebo-Effekt beruhen. Warum sollte Jesus auch nicht den
Placebo-Effekt nutzen, nur aufgrund der Wirkung des Heiligen Geistes und
Überzeugungskraft vielfach effektiver als die Medizin und Paramedizin es bisher
schafft? Der Wiedererweckung Toter könnte ein Scheintod zugrunde gelegen haben.
Aber diese Erklärung erscheint mir selbst etwas mager.
Bei der Austreibung "unreiner Geister" denke ich an eine Psychotherapie. Ob das
eher in Richtung Hypnose, Verhaltenstherapie oder anderer Verfahren ging, wäre
reine Spekulation. Jesu Geschichte mit der Rückkehr der Geister läßt mich eher
an einen verhaltenstherapeutischen Ansatz denken.
Man kommt so oder so kaum an "Wundern" vorbei. Dabei sind Wunder natürliche
Vorgänge, die wir nur noch nicht verstehen. Möglicherweise konnte sie Jesus
vollbringen, ohne zu wissen, wie das genau funktioniert - sein unbedingtes
Vertrauen in Gott und das Wirken des Heiligen Geistes ließen ihn einfach so
handeln. Der Heilige Geist beinhaltet die notwendige Kenntnis.
Die Genauigkeit der Schilderung ist sicher mangelhaft - Unverstandenes,
mündlich übermittelt, schreit geradezu nach Fehlern. Vielleicht sind auch
einige Phantasieprodukte oder Dopplungen von Ereignissen darunter.
5. Feinde und Verurteilung
Mit seinen Lehren rüttelte Jesus an bestehenden Machtstrukturen. Er trat für
neue Verhaltensweisen ein. Bei der Gelegenheit zog er nicht nur die Kompetenz
der Priesterschaft in Zweifel, sondern gefährdete mit der Kritik der Opferriten
auch ihre wirtschaftliche Existenz. Ein Verhalten, welches noch nie auf
Gegenliebe stieß. Kurz und gut: Jesus mußte weg.
Dummerweise hatte Jesus inzwischen so viele Anhänger, daß ein Anschlag
schwierig war und zudem die Gefahr bestand, einen Märtyrer aus ihm zu machen.
Also mußte eine Idee her, die Jesus untragbar machte. Die Kreuzigung war da
gerade richtig - und außerdem läge die Verantwortung bei den sicher nicht sehr
beliebten Römischen Besatzern.
Denen war der ganze Vorgang ziemlich egal, da sie in besetzten Ländern
grundsätzlich bestehende Religionen duldeten und sich nicht in theologische
Streitereien einmischten. Die Anklage der Aufwiegelei war recht dünn und
Pontius Pilatus gerade mal zu einer Auspeitschung zu überreden. Als er im Zuge
des Hin und Her den massiven Druck der Jüdischen Führung spürte, die die Römer
ja als Handlanger für ihre Machtausübung und Ruhigstellung der Bevölkerung
brauchten, verurteilte er Jesus doch noch zur Kreuzigung.
Bemerkenswert ist das Verhalten Jesu. Bis zum Hohen Rat lieferte er immer
wieder Anlaß, seine Ermordung durchzuziehen. Vor Pontius Pilatus blieb er
weitgehend stumm. Zu diesem Zeitpunkt war nichts mehr zu ändern und Jesu
Handeln unnötig.
6. Kreuzigung und Auferstehung
Wenn das mit der angekündigten Auferstehung schiefginge, wäre die Geschichte am
Ende. Das war Jüngern und Anhängern klar. Die glaubten zwar an Gott und die
Lehren Jesu, aber das wahre Vertrauen hatten sie schon vorher manchmal nicht
(wenns zum Beispiel darum ging, zu Jesus aufs Wasser zu kommen). Die einzig
reale Möglichkeit bestand darin, ihn unauffällig aus dem Verkehr zu ziehen.
Sterben mußte er allerdings auch. Ein kleines Grüppchen in Zusammenarbeit mit
einem Römischen Hauptmann, der sich von Jesu Lehren hatte überzeugen lassen,
schafften es, Jesus scheintot vom Kreuz zu holen. Der Hauptmann erklärte ihn
für tot. Bevor jemandem auffiel, daß der ganze Vorgang reichlich schnell ging,
Jesus vor seinem Tod noch sprechen (oder besser schreien) konnte, obwohl
Gekreuzigte normalerweise ersticken, und außerdem noch blutete, war er schon
von der Bildfläche verschwunden. Den anderen Römischen Soldaten war es ziemlich
egal, was da vor sich ging. Schließlich war der Hauptmann da. Wer beim Militär
war, wird mir das bestätigen.
Jesus kam in das Grab, wo er noch weiter ins Grabtuch blutete. Notdürftig
versorgt blieb er in der Grabkammer zurück und wurde später abgeholt. Immerhin
war er so schwer verletzt, daß es eine Weile dauerte, bis er seinen Jüngern
wieder erscheinen konnte.
Da die Mehrheit von dem Trick mit dem Scheintod nichts wußte, war das der
endgültige Anlaß, daß sie endlich ihre Zweifel ablegeten. Sie öffneten sich
dem Heiligen Geist, so daß sie erstens nie mehr umfielen und zweitens unter
unmittelbarer Wirkung des Heiligen Geistes verschiedene Sprachen beherrschten.
Schließlich waren sie bezüglich ihrer Bildung nicht gerade begnadet und sollten
in fremden Ländern missionieren. Außerdem mußten sie heilen und Wunder
vollbringen.
Was auch immer zwischen Kreuzigung und Auferstehung ablief: es war sicher mehr
als ein scheintoter Zustand. Als Jesus nämlich wieder bei seinen Jüngern
aufkreuzte, hatte er offenbar jede Menge neue Informationen und Gebote. Ich
nehme ihm ab, wenn er behauptet, sie von Gott zu haben. Das Turiner Grabtuch
weist auch einige Seltsamkeiten auf, die außergewöhnliche Vorgänge nahelegen.
7. Himmelfahrt
Ich hatte ja Ketzerei angekündigt: wenn Gott allgegenwärtig ist, wo ist dann
seine Rechte, zu der Jesus sitzt? Und was will Jesus "im Himmel" mit einem
menschlichen Körper? Die Szene kommt in den Evangelien recht kurz weg oder
fehlt ganz. Vielleicht wußten die Erzähler nichts zu berichten und die
Schreiber haben dem Ganzen auf Krampf ein Ende verpaßt?
Andererseits taucht Jesus nach dem Zeitpunkt nicht wieder auf. Mit
Paralleluniversen, anderen Dimensionen, Zeitreisen oder einem außerirdischen
Raumschiff habe ich nichts am Hut. Was in den Evangelien steht, klingt
jedenfalls wie gewollt und nicht gekonnt.
8. Der Plan
Einige Ideen sind bunt zusammengeklaut, andere stammen von mir. Aus meiner
Sicht ergibt sich so ein brauchbares Bild.
Nimmt man die ganze Geschichte, könnte man meinen, ein Shakespearesches Drama
vor sich zu haben. Die Ereignisse folgen scheinbar einem genauen Plan, der von
Anfang an auf das Ende abzielt: Kreuzigung, Auferstehung und Verbreitung der
neuen Religion. Anders als in Dramen kommt man aber nie an einen Punkt, der
einen anderen Ausgang zuläßt. Irgendwie klingt das nicht nach einem zufälligen
Lebensweg.
Wenn aber ein Plan existierte, gibts eine naheliegende Vermutung, von wem er
stammt - Gott.
29.07.2002
Torsten Reichelt