Konfliktbewältigung
Strategien der Konfliktbewältigung, Weltformel, Bibel, asiatische Weisheit und
Geschichte
Was ist ein Konflikt? Er entsteht zwischen zwei Parteien, die gegensätzliche
Interessen auf dem gleichen Gebiet vertreten. Üblicherweise wird er dadurch
gelöst, daß der Stärkere sein Interesse durchsetzt, nachdem ihm der Schwächere
mit den Mitteln Widerstand geleistet hat, die der Stärkere vorgibt. Die
Alternative besteht darin, daß sich Beide vernichten oder soweit schwächen, daß
ein Dritter seine Interessen durchsetzt.
Wie kann der Schwächere gewinnen? Was sagt die Weltformel? Mit denselben
Mitteln zu kämpfen, heißt für den Schwächeren, zu verlieren. Der Schwächere muß
eine eigene Strategie entwickeln, die die Energie des Stärkeren ins Leere
laufen läßt (= aus einem Gegensatz Nichtentsprechung machen). Parallel dazu muß
er seine Mittel einsetzen, in denen er dem Stärkeren überlegen ist, und zwar
möglichst mit dem Ziel, daß der Stärkere in Widerspruch zu Dritten gerät.
DANACH kann er seine dem geschlagenen Stärkeren gegensätzlichen Interessen
durchsetzen.
Im schlimmsten Fall (es bestehen keine Eigenschaften, in denen man dem
Stärkeren überlegen ist) bleibt die Flucht (man löst den Widerspruch durch
räumliche Unähnlichkeit).
Ein Beispiel aus der Bibel: David gegen Goliath: Während Goliath einen Kampf
mit gleichen Mitteln erwartete, ging David ungerüstet in den Kampf. Wie der
ausging, ist bekannt und das war absehbar.
Die asiatischen Kampfkünste und Philosophien beruhen auf demselben Prinzip. Man
setzt dem Gegner keinen Widerstand entgegen, sondern nutzt seinen Schwung,
stellt ihm ein Bein, sperrt seine Arme und er knallt mit dem Kopf gegen die
Wand (etwas vereinfachte Darstellung).
In der Geschichte kann man den Rußlandfeldzug Napoleons betrachten: Sein großes
Heer brauchte in erster Linie Nahrung. Indem man ihm diese entzog, konnte es
ohne große Kämpfe geschlagen werden. Übrigens war seine Armee vorher durch
einen ähnlichen "Trick" siegreich: seinen in beweglichen kleinen Gruppen
agierenden Truppen hatten die in starrer Front aufgestellten Gegner wenig
entgegenzusetzen. Gerade im militärischen Bereich ist Geheimhaltung oberstes
Gebot, um den Gegner mit Waffen unbekannter Eigenschaften oder einer neuen
Taktik zu überraschen.
Wenn ich mir unsere derzeitige Wirtschaftspolitik ansehe, gewinne ich den
Eindruck, daß die Parlamentarier statt tagelangem hohlem Gefasel (mit dem
Hauptinhalt der persönlichen Konfrontation und meist dem Ergebnis einer
"mehr-vom-Selben"-Taktik) lieber Bibel und Geschichtsbücher lesen oder Schach
spielen sollten. Sehr empfehlenswert ist auch das Buch "Sternstunden der
Menschheit" von Stefan Zweig (ISBN 3-596-20595-6).
Die persönliche Integrität ist für objektive Entscheidungen wesentlich, aber da
ist falscher Optimismus wohl unangebracht (auf-nach-Afghanistan-Joschka).
Ein kleines Beispiel aus der Bibel: Im ersten Buch Mose steht, daß man in
fetten Jahren Vorräte anlegen soll (Joseph in Ägypten). Wer ausgerechnet in
solchen Jahren beginnt, Schulden anzuhäufen (70er Jahre in der BRD), hat
anscheinend nur sehr schüchtern "hier" geflüstert, als die Weisheit verteilt
wurde und dafür umso lauter gebrüllt, als die Gier an der Reihe war.
9.7.2002
Torsten Reichelt