Katrina, Katastrophen, Kapital

Katrina – welch harmloser Name. Allerdings nur, solange er nicht von Meteorologen einem tropischen Wirbelsturm verpaßt wird. Dann wird er zum Symbol für Zerstörung, Angst, Hoffnungslosigkeit und Ohnmacht gegenüber Gewalten, die der Zauberlehrling Mensch zwar rufen, aber nicht bändigen kann.

Natürlich gab's immer Wirbelstürme und andere Wetterkatastrophen. Allerdings nimmt ihre Häufigkeit und Heftigkeit zu.

'Katrina' ist der elfte Hurrikan im Atlantik in dieser Saison, die am 1. Juni begann. Das seien sieben mehr als normal, erklärte das Hurrikan-Zentrum.“ (http://german.epochtimes.com/articles/2005/08/28/4866.html)

Nun kann man natürlich anführen, daß nachweislich in der Erd- und selbst Menschheitsgeschichte nicht nur aufgrund statistischer Phänomene solche Ereignisse mal häufiger, mal seltener auftraten. Aber aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse kann niemand leugnen, daß der Mensch nicht nur ein modifizierender Faktor des Klimas ist (Urwaldrodung, CO2-Emission...), sondern auch selbst die lokalen Bedingungen schafft, die ein schweres Naturereignis zur Katastrophe für den Menschen machen. Ich finde z.B. die Idee genial, in einer Hurricangegend eine Großstadt immer weiter auszubauen, die von höherliegenden Wasserflächen umgeben ist und vor deren unzureichenden Schutzmaßnahmen seit Jahrzehnten gewarnt wird.

Nun könnte man ja sagen, dies sei nur ein Hinweis auf die Richtigkeit einer Einsteinschen Theorie (nein, ich meine nicht „E=mc²“, sondern „Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die menschliche Dummheit. Aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“). Das wäre aber wesentlich zu kurz gegriffen. Denn ganz klar benennbare Interessen sorgen für die Bedingungen, die solche Naturereignisse fördern. Dieselben Interessen bestehen daran, daß diese Ereignisse für den Menschen zur Katastrophe werden.

Diese Interessen sind kurz benenn- und begründbar: 1. Profitinteressen der Verursacher, 2. Profitinteressen der Nutznießer:

  1. Verursacher
    1. Der immer schneller steigende Energiebedarf wird vorwiegend durch fossile Energieträger gedeckt. Das erhöht nicht nur die CO2-Konzentration in der sondern auch die CO2-Emission in die Atmosphäre. Ursache ist das Profitinteresse sowohl der Mineralöl- und Kohleunternehmen als auch der Produzenten von Energieverbrauchern.
    2. Aufgrund der kapitalistischen Rationalisierung der Landwirtschaft im Profitinteresse von Erzeugungs-, Verarbeitungs- und Handelsunternehmen werden immer mehr Menschen im landwirtschaftlichen Bereich an den Rand ihrer materiellen Existenz gedrängt. Sie sind zur Erschließung landwirtschaftlicher Fläche durch Rodung von Urwäldern gezwungen.
    3. Die gleiche Auswirkung haben Rodungen zwecks Goldförderung und Tropenholzgewinnung im (der Leser ahnt es schon) Profitinteresse.

Für den zweiten Punkt muß ich etwas weiter ausholen. Der Kapitalismus steckt derzeit wieder mal in einer Überproduktionskrise, deren unausweichliches Entstehen schon Marx und Engels im „Manifest der kommunistischen Partei“ vor über 150 Jahren beschrieben:

Es genügt, die Handelskrisen zu nennen, welche in ihrer periodischen Wiederkehr immer drohender die Existenz der ganzen bürgerlichen Gesellschaft in Frage stellen. In den Handelskrisen wird ein großer Teil nicht nur der erzeugten Produkte, sondern [17] der bereits geschaffenen Produktivkräfte regelmäßig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn wäre – die Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner Vernichtungskrieg [18] scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum? Weil sie zuviel Zivilisation, zuviel Lebensmittel, zuviel Industrie, zuviel Handel besitzt. Die Produktivkräfte, die ihr zur Verfügung stehen, dienen nicht mehr zur Beförderung [19] der bürgerlichen Eigentumsverhältnisse.; im Gegenteil, sie sind zu gewaltig für diese Verhältnisse geworden, sie werden von ihnen gehemmt; und sobald sie dies Hemmnis überwinden, bringen sie die ganze bürgerliche Gesellschaft in Unordnung, gefährden sie die Existenz des bürgerlichen Eigentums. Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen.

Wodurch überwindet die Bourgeoisie die Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; anderseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung alter [20] Märkte. Wodurch also? Dadurch, daß sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.“ (Marx / Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Abschnitt I)

Um das zu unterstreichen: Die Krise kann nur (und nur vorübergehend) durch die massive Vernichtung von Produktivkräften und Eroberung neuer Märkte vorübergehend gelöst oder gemildert werden. Das bekannte übliche Mittel sind Kriege oder Bürgerkriege. In Form der Katastrophen haben wir eine neue Möglichkeit vor uns:

  1. Nutznießer
    1. In Katastrophengebieten werden in großem Umfang (je größer, desto besser) Produktivkräfte vernichtet. Aus dem Wiederaufbau der Gebiete und / oder der Umsiedlung in neue entsteht neue Nachfrage an Produktivkräften – und damit die Basis für neuen Profit.
    2. Katastrophengebiete stellen einen neuen Markt innerhalb der alten Strukturen dar. Die Nachfrage nach den durch die Katastrophe zerstörten Produkten bedient wiederum – na was wohl? - Profitinteressen.

Deshalb ist an wirksamem Schutz vor den Auswirkungen solcher Ereignisse höchstens der Hersteller von Sicherungsanlagen und Frühwarnsystemen interessiert – genau so lange, bis sie installiert sind. Denn dann muß die nächste Katastrophe Nachfrage nach neuen Systemen schaffen.

Deshalb MUSS New Orleans möglichst lange unter Wasser stehen. Lange genug, um maximale Schäden zu erzeugen, aber nicht lange genug, um die Stadt aufzugeben.

Und deshalb werden die Kapitalisten einen Teufel tun, neue Katastrophen zu vermeiden, das Kyoto-Protokoll zu ratifizieren und ökologisch nachhaltige Politik machen zu lassen. Oder auch eingetretene Katastrophen schnellstmöglich zu begrenzen.

Natürlich ist die Bourgeoisie an Nachhaltigkeit interessiert – allerdings an der Nachhaltigkeit der Sicherung des Profits und nicht der Menschheitsinteressen.