Jüdisch-christlich-islamisch-humanistisch-sozialistisch-kommunistische
Solidarität
Kommunistische Demokratie ist eine Tautologie. In einer klassen- und
staatenlosen gemeinnützigen Gesellschaftsordnung ergibt sich automatisch die
Notwendigkeit einer Demokratie. Entscheidungsträger können nur dann
Entscheidungen im Interesse der Gemeinschaft treffen, wenn sie in ihrem
Auftrag handeln (demokratische Legitimation) und auch von ihr überwacht werden
(demokratische Kontrolle). Eine nichtdemokratische Herrschaft kann niemals eine
kommunistische und nur die kommunistische eine im Wortsinn demokratische sein,
eine durch ganze Volk ausgeübte.
Selbst die sozialistische Demokratie wird zwar durch die Gesamtheit mittels
Wahlen ausgeübt, aber aufgrund des Fortbestehens von Klassen nicht im Interesse
der Gesamtheit, sondern "nur" der (proletarischen) Mehrheit. Das ist auch
notwendig, um die egoistischen Interessen der bürgerlichen Minderheit zu
unterdrücken und zunehmend zurückzudrängen. Allerdings ist das noch wesentlich
"demokratischer" (ein Wort, welches gegenüber demokratisch etwa so sinnvoll ist
wie "gerechter" gegenüber gerecht) als die bürgerlich-parlamentarische
"Demokratie". An der nimmt zwar die Gesamtheit mittels Wahlen formal teil, aber
deren
Strukturen sind von vornherein auf den Machterhalt und die Interessenvertretung
einer Minderheit, der Bourgeoisie, ausgerichtet.
Als Christ wie als Kommunist erkenne ich noch weitere notwendige Kennzeichen
des Kommunismus:
Erstens muß er alle Lebensbereiche beeinflussen. Die Einflußnahme auf
alle Lebensbereiche wird mit dem Fremdwort "Totalitarismus" bezeichnet.
Zweitens muß die Steuerung der Gesellschaft durch alle ihre Mitglieder im
gemeinsamen Interesse erfolgen, die gesamte Gemeinschaft herrscht
uneingeschränkt. Die uneingeschränkte Machtausübung eines Herrschers bezeichnet
man als Diktatur.
Ich bin also für die totalitäre kommunistische Diktatur, was aber schon wieder
eine Tautologie ist. Das ist in vollkommener Ausprägung nur im Weltkommunismus
denkbar, also nach globaler Aufhebung der
Klassengegensätze.
Die Bourgeoisie gibt sich nicht umsonst alle Mühe, diese drei Begriffe
(Totalitarismus, Diktatur und Kommunismus) negativ vorzubelasten. Genau deshalb
versuche ich auch hier, diese falschen Vorurteile abzubauen und die
Bedeutung der Begriffe zu vermitteln. Erstaunlich ist nämlich, daß zwar fast
jeder Bundesbürger ein fertiges (Vor-)Urteil gegenüber den Begriffen hat, sie
aber nicht definieren kann und sich auf "das weiß doch Jeder" beruft.
Fehlt noch die Erklärung, warum ein Christ nicht nur Kommunist sein kann,
sondern sein muß. Die christlichen Gebote (die auf die jüdischen Wurzeln
zurückgehen und auch vom Islam vertreten werden) sind im Einklang mit
kommunistischen Verhaltensgrundsätzen. Der einzige (scheinbare) Unterschied
besteht darin, daß Christen (und Juden) "Gott", Moslems "Allah" und Kommunisten
"objektive Gesetzmäßigkeiten" zur vom Menschen unbeeinflußbaren Grundlage aller
Vorgänge in Materie, Bewußtsein und Gesellschaft sagen. Interessant ist hier
der "Name" Gottes, "JHWH" (von einigen Christen zu "Jehova(h)" ergänzt, obwohl
die Vokale hier unsicher sind). Das ist nämlich kein Name, sondern eine
Beschreibung der Eigenschaft: "der werden läßt" - wiederum genau die
Eigenschaft, die objektive Gesetze nunmal haben. Aber das artet langsam in
Theologie aus.
Zudem enthält die Bibel, insbesondere das Neue Testament, eindeutig
kommunistische Forderungen und Grundsätze. Ich möchte hier Jesus zitieren.
Beispiel: das höchste Doppelgebot:
"29Jesus aber antwortete ihm: Das höchste Gebot ist das: «Höre, Israel, der
Herr, unser Gott, ist der Herr allein, 30und du sollst den Herrn, deinen Gott,
lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen
deinen Kräften» (5. Mose 6,4-5). 31Das andre ist dies: «Du sollst deinen
Nächsten lieben wie dich selbst» (3. Mose 19,18). Es ist kein anderes Gebot
größer als diese." (Markus 12,28ff.)
Das betont, (1) daß die Grundlage jeden Denkens und Handelns die
Berücksichtigung
objektiver, das heißt vom Menschen unbeeinflußbarer, Gesetzmäßigkeiten (Gott)
sein muß und (2) daß das Grundprinzip der Gemeinnutz ist.
Die Schwierigkeit der Vermittlung von Gesetzmäßigkeiten und Notwendigkeiten,
denen Ideologen der Klassengesellschaft Phrasen und Behauptungen
entgegensetzen, war weder Jesus noch seinen geistigen Vätern neu:
"14An ihnen erfüllt sich sich die Voraussage des Propheten Jesaja:"Hört nur zu,
ihr versteht doch nichts; seht hin, soviel ihr wollt, ihr erkennt doch nichts!
15Denn dieses Volk ist im Innersten verstockt. Sie halten sich die Ohren zu und
schließen die Augen, damit sie ja nicht hören, sehen und begreifen, sagt Gott.
Sonst würden sie zu mir umkehren und ich könnte sie heilen."" (Matthäus 13;14f.)
Und daß Meinungen keine Erkenntnis ersetzen und Handeln nicht beliebig ist,
sagt er mit:
"23. Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt,
der zerstreuet." (Lucas 11,23)
Gleichzeitig fordert er Konsequenz:
"34»Glaubt nicht, daß ich gekommen bin, Frieden in die Welt zu bringen. Nein,
ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern Streit. 35Ich bin gekommen,
um die Söhne mit ihren Vätern zu entzweien, die Töchter mit ihren Müttern und
die Schwiegertöchter mit ihren Schwiegermüttern. 36Die nächsten Verwandten
werden zu Feinden werden. 37Wer seinen Vater oder seine Mutter mehr liebt als
mich, verdient es nicht, mein Jünger zu sein. 38Wer nicht sein Kreuz auf sich
nimmt und mir auf meinern Wege folgt, verdient es nicht, mein Jünger zu sein.
35 Wer sein Leben festhalten will, wird es verlieren. Wer es aber um
meinetwillen verliert, der wird es gewinnen.«" (Matthäus 10;34ff)
Sein Kommentar zur Akkumulation des Kapitals:
"Ich sage es euch noch einmal: eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein
Reicher in Gottes neue Welt." (Matthäus 19,24)
Das sind nicht etwa aus dem Zusammenhang gerissene Zitate. Wer will, kann ja in
der Bibel nachlesen.
Noch mehr Kommunismus, speziell zur Eigentumsfrage, gibt's dann in der
Apostelgeschichte (Ereignisse nach der Kreuzigung Jesu, die Herausbildung der
urchristlichen Gemeinden schildernd):
"32Die ganze Gemeinde war ein Herz und eine Seele. Wenn einer Vermögen hatte,
betrachtete er es nicht als persönliches, sondern als gemeinsames Eigentum."
(Apg 4,32)
Die gegenwärtige Aufgabe besteht darin, die unterschiedlichen (aber sich nicht
widersprechenden sondern ergänzenden) Ansätze zu vereinen.
Ich rufe zur
jüdisch-christlich-islamisch-humanistisch-sozialistisch-kommunistischen
Solidarität gegen Schmarotzer der Menschheit auf und schließe auch jeden
Ungenannten ein, dessen Ziel der Gemeinnutz ist.
Torsten Reichelt
06.05.2004Zur Hauptseite Zur Textübersicht