Nie wieder Faschismus ?
Der Faschismus war eine ganz schlimme Sache. Er führte zu millionenfachen
Morden, der Mißachtung aller Menschenrechte wie auch des Völkerrechts und
endete im Zweiten Weltkrieg, dem verheerendsten der Menschheitsgeschichte.
Jetzt wissen die Menschen das und werden ein Wiederentstehen verhindern.
So lautet eine weitverbreitete Meinung. Sie wird durch zunehmend häufige
Sendungen in den kapitalistischen Medien insbesondere über den Zweiten
Weltkrieg bestärkt. Gerade in letzter Zeit werden vordergründig Dokumentationen
und Spielfilme über Versuche "aufrechter Menschen", vorwiegend
Wehrmachtsangehöriger, gezeigt, die Hitler beseitigen und den Krieg beenden
wollten, bevor er Deutschland zerstört. Der bekannteste Fall war wohl der
Versuch Stauffenbergs und Anderer, der am 20.07.1944 scheiterte.
So wird das Volk in Sicherheit gewiegt: erstens hat der Faschismus aufgrund der
geschichtlichen Erfahrung wohl keine Chance und zweitens würde sich ja irgend
jemand finden, der einen neuen Adolf Hitler beseitigen würde. Und wenn das
schon jemand aus den höheren Schichten wieder nicht schaffen sollte, wie sollte
dann ein Kleiner etwas vermögen?
Während solches fehlerhaftes Denken die Möglichkeit des Faschismus verdrängt,
hält er längst Einzug.
Faschismus ist eben kein "Ausrutscher" der Geschichte, ebensowenig wie er
Hitler und Mussolini anzulasten ist. Faschismus ist die Herrschaftsform des
Großkapitals, wenn die kapitalistische Gesellschaftsordnung in ihre
imperialistische Phase übergegangen ist und die globale wirtschaftliche,
politische, kulturelle und moralische Krise sich unlösbar verschärft.
Was ist Faschismus?
Der Faschismus hat leicht erkennbare Merkmale.
1. Faschismus ist keine eigenständige Gesellschaftsordnung. Er ist die
extremste Herrschaftsform des Kapitalismus, die Herrschaft der reaktionärsten
Kräfte, in der imperialistischen Phase.
2. Faschismus bedeutet übersetzt "Bündelung". Er beinhaltet die Bündelung der
politischen Kräfte und die Aufhebung des bürgerlichen Parlamentarismus. Dies
ist in der BRD längst geschehen, nur nicht (wie 1933) durch Auflösung des
Parlaments, sondern dadurch, daß alle im Parlament vertretenen Parteien
inzwischen die gleiche Politik im Interesse des Großkapitals und gegen die
Interessen der Mehrheit des Volkes vertreten.
3. Faschismus beinhaltet einen neuen Mystizismus, die Ablenkung von wirklichen
Vorgängen in der Gesellschaft. Heute ist das nicht der Germanenkult des
Nationalsozialismus, sondern wird durch die Medien in Form von "fantasy",
"science fiction" und "soap" vermittelt. Der heutige "Nibelunge" heißt nicht
Siegfried, sondern Harry Potter, was gleichzeitig den globalen Maßstab und
angloamerikanische Dominanz offenbart.
4. Faschismus bedient sich der Einschüchterung und Gewalt. Zunächst beschränkt
sich das noch auf wirtschaftliche Gewaltanwendung, um die
Verwertungsbedingungen des Kapitals zu verbessern. Agenda 2010 und Hartz -
Gesetze beinhalten, daß künftig jeder Lohnarbeiter zu allen Bedingungen (auch
nicht existenzsichernden) seine Arbeitskraft verkaufen muß - per Gesetz! - und
gleichzeitig private Risiken auch privat absichern muß. Selbst Ansätze einer
Solidargemeinschaft werden beseitigt.
5. Faschismus sichert sich durch allgegenwärtige Überwachung. Z.B. die
derzeitigen Querelen um die Autobahnmaut und "toll collect" sollen
verschleiern, daß das Ziel ist, ein Bewegungsprofil und den Aufenthaltsort
jeder Person zu jedem Zeitpunkt zu erfassen bzw. erfassen zu können. Die
derzeitigen vorgetäuschten Probleme sollen dazu führen, daß sich jeder freut,
wenn das Mautsystem - und damit seine allgegenwärtige Bespitzelung - dann doch
funktioniert. Jeder Informatiker kann erkennen, daß die angeblichen Probleme
auf dem derzeitigen technischen Entwicklungsstand gar nicht auftreten können.
6. Faschismus beinhaltet konsequenten Antikommunismus. Die kapitalistischen
Medien verbreiten ihn seit Jahrzehnten 24 Stunden täglich. Auch in der
Gesetzgebung der BRD schlug sich dieser immer nieder. KPD-Verbot und
Berufsverbotspraxis (die sich bis heute fortsetzt) sind nur die Spitze einer
konsequent antikommunistischen Politik.
7. Faschismus erzeugt Kriege. Die Verwertungsbedingungen des Kapitals
können nur durch Kriege oder Bürgerkriege verbessert werden. Der Profit wird
durch Rüstungsproduktion wie Wiederaufbau nach der Zerstörung erlangt. Die
Bundeswehr führt derzeit wenigstens zwei, laut Grundgesetz verbotene,
Angriffskriege, nämlich gegen Afghanistan und im ehemaligen Jugoslawien.
Besonders deutlich wird der zunehmend aggressive Charakter der Bundeswehr an
den Umgestaltungsplänen des Kriegsministers Struck - Entschuldigung, noch nennt
er sich Verteidigungsminister. Er orientiert ganz offen auf internationale
Angriffskriege, überall, wo "deutsche Interessen" das erfordern. Das müßte
besser heißen: die Interessen des Großkapitals.
Ich könnte noch mehr Punkte anführen, welche den Übergang zum Faschismus
untermauern. Aber warum? Wer (anhand der angeführten
Punkte) hören will, wird hören. Dem, der (noch) nicht hören will, kann ich auch
mit mehr Fakten nicht helfen.
Wer nicht hören will, muß fühlen. Vielleicht hört er dann.
12.03.2004
Torsten ReicheltZur Hauptseite Zur Textübersicht