Die "politische Klasse"

Kürzlich hörte ich im "Deutschlandradio" - nicht zum erstenmal - den Begriff "politische Klasse" - ein völlig unsinniger und irreführender Begriff. Politiker stellen keine eigene Klasse dar, sondern gehören verschiedenen gesellschaftlichen Klassen an. Zum Teil sind sie Angehörige der herrschenden Klasse im Kapitalismus, der Bourgeoisie, der Eigentümer der gesellschaftlichen Produktionsmittel. Andere dagegen sind korrumpierte Lakaien dieser Klasse, gehören aber der unterdrückten Klasse an, dem Proletariat, der (an gesellschaftlichen Produktionsmitteln) eigentumslosen Klasse der Lohnarbeiter.

Daß sie diese Klassenzugehörigkeit nicht erkennen, ändert an der Zugehörigkeit nichts. Ebensowenig kann die Nichterkennung der Klassenzugehörigkeit am Charakter der Tätigkeit derer etwas ändern, die solchen Unsinn verbreiten, den ebenfalls korrumpierten Lohnarbeitern in den Medien.

Inhalt

1 Medien
2 Verschwommene Begriffe
3 Begriff und Bedeutung - Beispiele
4 Klare Begriffe

1 Medien   [zum Inhaltsverzeichnis]

Gezwungenermaßen muß ich mich mit den Meldungen kapitalistischer / bürgerlicher Medien auseinandersetzen. Um nicht "kommunistischer Vorurteile" gegenüber denen beschuldigt zu werden, möchte ich den Begriff kurz erläutern.

Medium ist "...2 etwas, das Informationen übermittelt;...". Art und Inhalt der Informationsübermittlung werden davon bestimmt, wessen Interessen sie dient. Dazu muß man nur wissen, wem die Medien gehören. Die meisten Medien sind Eigentum nur weniger Personen, Angehöriger des Großkapitals. Sie sind zumeist monopolisiert und mit anderem Eigentum (an Industrie- / Landwirtschaftsunternehmen, Banken und Versicherungen) eng verflochten, und zwar über genau diese Großkapitalisten.

Die Redakteure und Journalisten werden von diesen Eigentümern bezahlt. Wessen Interessen vertreten sie also ("Wes' Brot ich eß', des Lied ich sing'.")? Und wenn in den Medien behauptet wird, "objektiv" zu berichten, in wessen Medien und damit wessen Interesse wird eben auch das behauptet?

Die Medien wie die in ihnen beschäftigten Lohnarbeiter gehören dem Großkapital, und damit auch die Informationen. Deshalb dienen diese Informationen (wenn sie nicht belanglos sind) ausnahmslos dessen Interessen. Sie sind grundsätzlich wertend und irreführend. Ausgenommen sind hier nur Medien, welche kein privates Eigentum sind und deren Mitarbeiter auch nicht vom Großkapital korrumpiert sind.

2 Verschwommene Begriffe   [zum Inhaltsverzeichnis]

Zu den Mitteln der Meinungsmanipulation gehört die Entstellung von Begriffen. Diese verschwimmen entweder durch ihre beliebige Anwendung, wobei nicht mehr klar wird, welche Bedeutung sie in einem bestimmten Zusammenhang haben. Oder sie werden schlichtweg mit falschen Bedeutungen belegt und so lange wiederholt, bis sich die falsche Bedeutung durchgesetzt hat und die richtige nicht mehr verstanden wird.

Alle oder auch nur die meisten derart entstellten Begriffe aufzulisten, wäre Gegenstand einer umfangreichen sprachwissenschaftlichen Arbeit. Die kann und will ich nicht liefern. Das ist auch nicht nötig. Nach meiner Erkenntnis und Erfahrung genügt, einmal den Einstieg in diese Form der Irreführung zu finden - und dann durch Kenntnis grundlegender Methoden und Beispiele ihre Vielzahl im Alltag selbst zu erkennen.

Genug der trockenen Vorrede. Durch lose Aufzählung einiger Beispiele hoffe ich, ein Gespür für weitere zu vermitteln. Mit Hilfe einer Tageszeitung oder einer Rundfunk- / Fernsehsendung ist dann die weite Verbreitung dieser Manipulation leicht überprüf- und ihre Liste selbst erweiterbar.

3 Begriff und Bedeutung - Beispiele   [zum Inhaltsverzeichnis]

Den Begriff "Freiheit" behandelte ich bereits in gleichnamigem Aufsatz.

"Arbeitgeber / Arbeitnehmer": Hier wird die Bedeutung schlichtweg verkehrt. Sogenannte "Arbeitgeber" kaufen auf der Grundlage ihres Eigentums an Produktionsmitteln Lohnarbeit und damit Lohnarbeiter ein, deren Arbeit sie also nehmen. Umgekehrt verkaufen, also geben die Lohnarbeiter ihre Arbeit diesen Eigentümern. Sie als "Arbeitnehmer" zu bezeichnen, verkehrt die Tatsachen in ihr Gegenteil. Diese Irreführung wurde schon wenigstens seit den Zeiten Marx' und Engels' so oft wiederholt, daß die Begriffe Arbeitgeber und Arbeitnehmer mitsamt ihrer widersinnigen Bedeutung auch von der Mehrheit der Lohnarbeiter und selbst der Gewerkschaften übernommen wurden und werden.

"Demokratie": Wörtlich bedeutet das "Herrschaft des Volkes". Der Mißbrauch ist schon Jahrtausende alt. Der Ursprung liegt im antiken Griechenland, welches ebenso eine Sklavenhaltergesellschaft war wie das Römische Reich, in welchem der Begriff übernommen wurde. Damals wie heute sind die tatsächlich Wertschöpfenden, damals die Sklaven wie heute die Lohnarbeiter, von einer wirksamen Einflußnahme auf die Politik und die Entwicklung der Gesellschaft ausgenommen. Die heutige Politik entspricht nicht den Interessen der werktätigen Mehrheit, sondern (wie damals) deren Parasiten. Genau deshalb wird ständig lauthals die "freiheitlich-demokratische" Ordnung beschworen, die beim besten Willen nicht erkennbar ist.

"Reformen": Laut Fremdwörterbuch ist eine Reform eine "verbessernde Neuordnung". Nun ja, für einen Teil der Gesellschaft bewirken die derzeitigen "Reformen" tatsächlich eine Verbesserung: für die Bourgeoisie, das längst globalisierte Großkapital. Dadurch wird aber eine gesamtgesellschaftliche, ökonomische, ökologische wie moralische und kulturelle Verschlechterung erzeugt. Damit ist der Begriff "Reformen" für die derzeitige Politik der kapitalbegünstigenden Notstandsgesetze unsinnig. An der Haltung zu den sogenannten Reformen können die Positionen gesellschaftlicher Kräfte abgelesen werden. Wer sich zu ihnen bekennt ist ein Interessenvertreter des Kapitals und Verräter an den Interessen der werktätigen Bevölkerungsmehrheit. Wer ist das? Unternehmer / Kapitalisten (sowieso), aber auch Parteien (SPD, Grüne, CDU/CSU, FDP, PDS) und Gewerkschaften (Vorreiter: DGB, schon fast löbliche Ausnahme: ver.di). Fast wäre "Reform" zum "Unwort des Jahres 2003" gewählt worden. Tja, wer hat das wohl verhindert?

"politische Klasse": Eingangs des Aufsatzes habe ich schon den Unsinn dieses Begriffs gekennzeichnet. Ich möchte hier nur noch an eine grundlegende Erkenntnis des Marxismus-Leninismus erinnern: Der Staat ist das Machtinstrument der jeweils herrschenden Klasse. Politiker sind somit Interessenvertreter dieser herrschenden Klasse, im Kapitalismus der Bourgeoisie. Genaugenommen ist die Bourgeoisie, sind die Eigentümer der gesellschaftlichen Produktionsmittel, damit mit dieser "politischen Klasse" gleichzusetzen, da sie die herrschende Klasse sind. Das soll mit dem Begriff in den kapitalistischen Medien verschleiert werden. Mehr zur "politischen Klasse" ...

"Abweichler / Bremser": Mit diesem Begriff werden die letzten Zweifler an der Richtigkeit des enthemmten Kapitalismus, des Imperialismus in seiner tiefen Krise und des zunehmenden Faschismus benannt. Schon die Wortwahl kennzeichnet sie negativ: fern"Ab", "weich", aber noch nicht mal richtig: "weichler", "Bremser" (Ziel muß ja wohl die Stagnation sein). So diffamiert man Menschen, die sich einen Rest von Vernunft bewahrt haben oder vernünftig handeln.

"Eigenverantwortung" (insbesondere bezüglich sozialer Absicherung): Durch diesen Begriff wird verschleiert, daß die letzten sozialen Errungenschaften (Renten-, Kranken- und Unfallversicherung als Ausdruck einer Solidargemeinschaft) schon seit Jahren abgeschafft werden und restlos beseitigt werden sollen. Jeder soll im eigenen Interesse, auch und besonders gegen jeden Gemeinschaftsgedanken, handeln. Dieser Begriff dient der Unterdrückung der Erkenntnis, daß der Mensch natürlich ein soziales Wesen ist und nur aufgrund gemeinschaftsorientierten Handelns zum evolutionären Erfolgsmodell wurde.

"Präventivschlag": Dieser Begriff rechtfertigt imperialistische Aggressionskriege. Wenn kein handelnder Feind erkennbar ist, wird er eben heraufbeschworen. Jeder Mensch, jede Gesellschaft und jede Religion könnten ja irgendwann zu Gegnern des selbstzerstörerischen Kapitalismus werden. Sie sollen vernichtet werden, bevor sie eine reale Gefahr darstellen. Mit "Präventivschlägen" werden Maßnahmen gegen nicht vorhandene, aber potentielle Gegner gerechtfertigt. Ganz ähnlich dem aktiven politischen "Antikommunismus" in den USA und den von ihnen beeinflußten und abhängigen Staaten.

"Wirtschaft": Politiker schwelgen geradezu in diesem Begriff. "Wirtschaft ankurbeln", "die Wirtschaft auf die Beine bringen", "Wohlstandssicherung durch wirtschaftlichen Aufschwung" werden uns als Auswege aus der "Konjunkturschwäche" oder auch dem "Tal" präsentiert. Die Regierung sagt richtig, in wessen Interesse Politik betrieben wird: im Interesse der Wirtschaft. Leider vergessen Regierung wie Medien zu erwähnen, WER die Wirtschaft ist. Das sind die Eigentümer von Unternehmen, Land, Banken und Versicherungen: Das Großkapital. Das ist die "Wirtschaft" und in seinem Interesse wird Politik betrieben.

"Opposition": laut Fremdwörterbuch: "1 Gegensatz, Widerstand; z.B. in der Opposition sein; Opposition machen; widersprechen, sich widersetzen 2 Gesamtheit der nicht zur Regierung gehörigen Parteien bzw. der mit dem Handeln der Regierung nicht einverstandenen Parteien und Bevölkerungsgruppen 3 entgegengesetzte Stellung, Stellung im Winkel von 180° (in der Astronomie) 4 Stellung gegenüber". Jeder kann sich selbst fragen, ob das, was in den Medien Opposition genannt wird, auch nur einer dieser Definitionen entspricht. Regierung und "Opposition" wetteifern um die schnellste und wirksamste Umsetzung des Sozialabbaus und Begünstigung des Kapitals. Na ja, wen wunderts? So verlogen die Grundlagen (Demokratie, Freiheitlichkeit) sind, müssen auch die Instrumente sein.

"Aktivierung" (insbesondere von Arbeitslosen): Diese Aktivierung bedeutet nicht die Förderung persönlicher Aktivität durch Förderung der Persönlichkeit, sondern schlichtweg Erpressung. Wer behauptet, daß 4,6 Millionen Deutscher (die wegstatistisierten Nicht-Werktätigen unterschlagend) nur arbeitsunwillig sind, geht an wissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschliche Persönlichkeit völlig vorbei. Diese Erkenntnis ist aber auch nicht die Absicht. Wer noch irgendwie dem Profitstreben dienen kann, soll dazu gezwungen werden. Wer nicht, ist in Anbetracht der gegenwärtigen Arbeitsproduktivität ohnehin entbehrlich. Soll er doch verrecken! Er schadet ohnehin nur der Bereicherung der (Lohnarbeit einkaufenden) Parasiten unserer kapitalistischen Gesellschaftsordnung, des Großkapitals. Diese erklären ihn über ihre Medien zum (noch ein Begriff) "Sozialschmarotzer", und sein "sozialverträgliches Frühableben" wird uns als Ziel erklärt und gesetzlich unterstützt. Mit letzterem Begriff war die kapitalistische Ideologie der Entwicklung ein paar Jahre voraus. Inzwischen wird das Ableben "sozial Schwacher" mittels "Gesundheitsreformen" wirksam umgesetzt.

"Individualismus / Individualist" wird häufig im Sinne von Eigenständigkeit und Selbstverwirklichung falsch verwendet. Dieses Verständnis entspräche eher dem Begriff "Individualität": "eigenes, besonderes Gepräge, Eigenartigkeit; Einzelwesen in seiner Eigenart". Individualismus bedeutet aber: "Auffassung, die dem Einzelmenschen, dem Einzelwesen den Vorrang vor der Gemeinschaft gibt; Vertretung der eigenen Interessen, eigenen Ziele". Das Positive, welches diesem Begriff inzwischen anhaftet, verschleiert, daß er eng mit dem egoistischen, antisozialen Wertesystem des Kapitalismus verknüpft ist.

Ich möchte es bei diesen wenigen Begriffen bewenden lassen.

4 Klare Begriffe   [zum Inhaltsverzeichnis]

Nur klare, eindeutige Begriffe ermöglichen auch ein klares Denken und die verständliche Übermittlung von Informationen. Die kapitalistischen Medien dienen dem nicht. Das verwundert nicht, da nur ein dummer Lohnarbeiter mit verschwommenen Vorstellungen von gesellschaftlichen Vorgängen auch ein guter und leicht lenkbarer Lohnarbeiter ist.

Aus demselben Grund geben sich die kapitalistischen Medien alle Mühe, klare Begriffe und die zugrundeliegende wissenschaftliche Weltanschauung zu diffamieren. Und genau deshalb verwenden wir diese Begriffe: Klasse, Klassenkampf, Bourgeoisie, Ausbeutung, Kapital, Kapitalismus, Imperialismus, Faschismus, Proletariat, Lohnarbeit, Revolution, Diktatur des Proletariats, Sozialismus und Kommunismus. Die kapitalistischen Medien verwenden viel Zeit und betreiben großen Aufwand, eine klare eigene Erkenntnis der Welt zu verhindern und diejenigen schlechtzureden, welche eine solche Erkenntnis vermitteln können, und zwar ohne komplizierte und verschwommene Aussagen.

Die Bourgeoisie möchte verschleiern, daß der Kapitalismus gesetzmäßig verbrecherisch, zerstörerisch und damit selbstzerstörerisch ist. Aber auch das kann sie nur begrenzt, denn unabhängig von ihren Lügen wirken die Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus und machen objektiv immer deutlicher sichtbar, was verschleiert werden soll, aber nicht dauerhaft verschleiert werden kann.

10.03.2004

Torsten Reichelt

Die politische Klasse   [zurück]

Der Begriff "Klasse" ist, wenns um die Einteilung von Menschen bezüglich ihrer gesellschaftlichen Stellung geht, nicht besonders beliebt. Das erinnert so an Klassengegensätze und Klassenkampf, Herrschende und Beherrschte, Ausbeutende und Ausgebeutete, Unterdrücker und Unterdrückte. Wer in solchen Kategorien denkt, ist nicht mehr weit davon entfernt, zu fragen, wozu z.B. seine Klasse, die Arbeiterklasse, welche sowieso die ganzen gesellschaftlichen Werte schafft, eine andere Klasse, die Kapitalistenklasse, braucht, deren gesellschaftliche Aufgabe darin besteht, sich einen großen Teil dieser gesellschaftlichen Werte aneignen, anzuhäufen oder zu verschlemmen - Alles mit der Begründung, das stünde ihnen wegen des Risikos und der Verantwortung zu, was sie lauthals von ihren politischen und Medienlakaien in die Runde krähen lassen. Bloß daß das Risiko hauptsächlich das Risiko ihrer Lohnarbeiter ist, für weniger Lohn mehr arbeiten zu müssen und letztlich auf die Straße zu fliegen und die Verantwortung darin besteht, die Arbeiter so anzustellen, auszupressen und zu feuern, daß der Profit immer das mögliche Maximum erreicht.

Deshalb beschäftigen die Kapitalisten zu Hunderten und Tausenden Dummköpfe und / oder Verräter, welche behaupten, diese, in ihrer Charakterisierung wesentlich auf Marx und Engels zurückgehenden Klassen gäbe es nicht mehr, gäbe es in dieser Form nicht mehr, ihre unvereinbaren Interessengegensätze bestünden nicht mehr oder es gäbe mal eben andere und / oder neue Klassen. So schlug eines Tages auch die ideologische Geburtsstunde der "politischen Klasse", deren Existenz mir erst gestern wieder von einem recht bekannten "Linken", der sich ansonsten auch ganz gern mal auf Marx beruft, verkündet wurde.

Nun, was soll diese "politische Klasse" sein? Soweit ich den verschwommenen Begriff verstanden habe, umfaßt diese Klasse alle Menschen, welche politische Entscheidungsträger sind. Ihre Handlungen sind darauf ausgerichtet, Angehörige der politischen Klasse zu bleiben (bzw. weniger schmeichelhaft, ihren Platz am parlamentarischen Diätenfreßnapf oder sonstige existenzsichernde politische Ämter zu behalten). Deshalb sind sie zutiefst volks- oder besser wählerverbunden, weil sie ja wiedergewählt werden und / oder ihre politische Karriere fortsetzen wollen.

Allerdings hat die Sache ein paar Haken. Angeblich leben wir ja in einer Demokratie. Somit bestimmte ja JEDER wahlberechtigte Bürger die Politik, wäre also der "politischen Klasse" zuzurechnen. Zumindest Jeder, welcher sein Wahlrecht noch wahrnimmt, obwohl er längst gemerkt hat, daß die Stelle, an der er sein Kreuz macht, nur an den Gesichtern und Sprüchen der Parlamentarier etwas ändert, nicht aber an der Politik. Darüberhinaus wäre mit völlig schleierhaft, warum Parlament und Regierung von Myriaden von Lobbyisten, hauptsächlich denen von Großunternehmen, umschwärmt werden wie der Hundehaufen von Fliegen. Sie sind ja nur auf Wiederwahl aus, wahre und integere Volks(ver)treter, deren Auftrag die Interessenvertretung der Wähler und deren Ziel die Wiederwahl ist. Die Kapitalisten sind wohl doch ziemlich dumm, haufenweise Geld in Lobbyarbeit und Zuwendungen, Beraterhonorare, Aufsichtsratsposten und Parteispenden zu stecken, da das bei den nur dem Wahlbürger verpflichteten Rittern von der aufrechten Gestalt sowieso nicht zieht.

Aber sei's drum, lassen wir die "politische Klasse" mal gelten. Das würde dennoch nichts am Marxschen Klassenbegriff ändern. Denn der bezieht sich auf die Stellung in der Produktion, also auf die ökonomische Basis der Gesellschaft, nicht auf ihren ideologisch-politischen Überbau. Und die Angehörigen der "politischen Klasse" stammen bekanntlich aus verschiedenen ökonomischen Klassen, leisten Lohnarbeit (beispielsweise als Berater), sind selbständig oder nebenbei Eigentümer von Unternehmen, welche selbst Lohnarbeiter beschäftigen.

Klassen sind Mengen von Elementen, welche sich durch grundlegende gemeinsame Eigenschaften und grundlegende Unterschiede zu den Elementen anderer Klassen auszeichnen. Diese Klasseneinteilung wird durch die Zuordnung eines Elements in anderen Zuordnungssystemen nicht angetastet. Betrachte ich z.B. das Geschlecht, kann ich Männer und Frauen (bis auf seltene unklare Fälle) unterscheiden. Das ändert sich auch dann nicht, wenn ich zudem noch in Blonde, Brünette, Rothaarige oder Kleine und Große, Dicke und Dünne unterscheide.

Die "politische Klasse" hat NICHTS mit der Marxschen Klassenzuordnung aufgrund der Stellung des Individuums im Produktionsprozeß zu tun, sowenig wie andere angebliche neue Klassen. Auch eine Änderung der Marxschen Klassenmerkmale ist nicht eingetreten.

All die Bemühungen, Klassenbegriffe und -definitionen zu verwischen, sind nichts Anderes als Versuche, den Klassenkampf und seine objektiven Ursachen zu leugnen.

21.05.2006

Torsten Reichelt

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Das Umdenken