Streik und Boykott!


Die Bourgeoisie (Klasse der Eigentümer gesellschaftlicher Produktionsmittel) setzt mit Hilfe ihrer korrumpierten Lakaien in Staat, Management und Medien eine immer schnellere und rücksichtslosere Sozialdemontage durch. Dabei ist ständig von einer schlechten Wirtschaftslage, zu hohen Lohnkosten, fehlender internationaler Wettbewerbsfähigkeit und anderem Schwachsinn die Rede.

Wenn das so wäre, wie sind dann das (mal von 2003 abgesehen) ständig wachsende Bruttosozialprodukt, horrende Gewinne der Konzerne und Exportweltmeisterschaft der BRD zu erklären? Natürlich gar nicht.

Das ganze Gejammer dient nur einem Zweck: Verständnis für eine antisoziale Politik zu wecken, die wiederum nur einem Ziel dient: die Profitrate zu maximieren. Dieses Ziel ist nun mal der armselige Lebensinhalt der Bourgeoisie.

Nun ja, die kann nicht anders. Ihre eigene Gesellschaftsordnung, der Kapitalismus, zwingt sie zu diesem Handeln. Ein sozial handelnder Bourgeois würde unter den überwiegend nicht sozial handelnden wirtschaftlich nicht überleben und irgendwann proletarisiert (also sein Eigentum an gesellschaftlichen Produktionsmitteln verlieren und dadurch gezwungen, einem anderen Bourgeois seine Arbeitskraft zu verkaufen).

Die Bourgeoisie kann deshalb nicht von sozialem Handeln überzeugt werden. Ihr Profit wird durch Demonstrationen oder Petitionen nicht geschmälert, die sich zudem nur an oder gegen ihre Lakaien, die Politiker und Manager, richten. Das erklärt, warum selbst die großen Proteste am 01.11.2003 und 03.04.2004 völlig wirkungslos auf die fortgesetzt antisoziale Politik blieben. Im Gegenteil: die Forderungen der Bourgeoisie werden immer unverschämter. Neben fortgesetzten Sozial- und Gesundheits"reformen" wird der Ruf nach un- oder unterbezahlter Mehrarbeit immer lauter.

Die Bourgeoisie muß zu sozialen Zugeständnissen gezwungen werden. Den Zwang kann nur die Klasse der Lohnarbeiter, das Proletariat, ausüben. Die Mittel des Zwangs ergeben sich aus dem gesetzmäßigen Streben der Bourgeoisie nach Profitmaximierung. Sie sind längst bekannt und ihre Wirksamkeit ist historisch erwiesen: Streik und Boykott. Die Wirkungen sind überlappend und ergänzen sich. Während der Streik den Profit der Bourgeoisie verringert bis verhindert, führt der Boykott zur gesellschaftlichen Ausgrenzung (Boykott: Nichtbeachtung, Liefersperre, Ächtung).

Der ökonomische Streik dient vorwiegend der Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen des Proletariats (Lohnerhöhung und / oder Arbeitszeitverkürzung), der politische Streik zielt auf die Veränderung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die umfassende Form ist der Generalstreik.

So wird die Bourgeoisie selbst an ihrer schwächsten Stelle, dem Profit, getroffen. Sie muß, um wenigstens in verringertem Umfang weiter zu schmarotzen (profitieren), über ihre Lakaien in Politik und Management die Forderungen erfüllen. Die Forderungen sind so zu stellen, daß sie erfüllbar sind, und deshalb nicht verhandelbar. Das bei Tarifverhandlungen eingeschliffene Scheingefecht zwischen Gewerkschaftsbonzen und Bourgeoisie, deren Lakaien auch noch die "Vermittlung" übernehmen, hat in künftigen Arbeitskämpfen nichts zu suchen.

Der Generalstreik wurde in Italien, Frankreich und Österreich bereits erfolgreich durchgeführt. In der BRD ist er (noch) Zukunftsmusik. Das deutsche Proletariat - einschließlich ehemaliger DDR-Bürger - zeichnet sich mehrheitlich durch mangelndes Klassenbewußtsein, Unwille zu Streik und Boykott und insgesamt reaktionäres Denken und Verhalten aus. Schon Marx erkannte, daß herrschenden Ideen einer Gesellschaft die Ideen der Herrschenden sind. Die Ursachen des besonders reaktionären deutschen Proletariats liegen also in der besonders reaktionären Bourgeoisie und Gesellschaft der BRD. Der deutsche Imperialismus tat sich ja schon immer hervor und spielte z.B. in den beiden Weltkriegen eine zentrale Rolle.

Die Tagesaufgabe ist also die Organisation des ersten (aber nicht letzten) Generalstreiks in Verbindung mit und erst möglich durch Bildungs- und Agitationsarbeit. Sie muß von Gewerkschaften und Parteien umgesetzt werden. Die derzeit erkennbaren treibenden Kräfte sind die Gewerkschaft ver.di und die Parteien KPD und DKP - oder besser der revolutionäre Teil ihrer Mitglieder.

Der ökonomische und politische Streik ist aber nicht das Ziel, ebensowenig wie soziale Errungenschaften im Kapitalismus oder seine Reformierung, die unmöglich ist. Das Ziel ist die soziale Revolution, deren Inhalt die Änderung der ökonomischen (Eigentums-) Verhältnisse. Streik und Boykott dienen dem Erwerb von Erfahrungen im Klassenkampf und der Herausbildung von Strukturen für diesen nächsten Schritt, welcher den Sozialismus als Übergangsgesellschaft zum Kommunismus herstellt.

Daraus ergeben sich auch die Grundsätze der Bündnispolitik von Kommunisten: Gehe mit jedem Kampfgenossen so weit, wie die Wege und Ziele übereinstimmen. Aber keinen Schritt weiter, sonst reißt er Dich mit in den (von Lenin poetisch beschriebenen) Sumpf, dem er zustrebt. Und hüte Dich vor Allem vor egoistischen Heuchlern, korrumpierten Verrätern und unwissenden Phrasendreschern, denen der Sozialismus schon oft zum Opfer fiel. Auch hier helfen Streiks: durch die Erfahrung wird der Blick für dieses Pack geschult.

Streik! Boykott! Revolution!

02.05.2004

Torsten Reichelt
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Das Umdenken