Die zukünftige Weltordnung
Diese Bezeichnung ähnelt der "Neuen Weltordnung" nach Vorstellungen der
US-Regierung und anderer Kreise, hat aber mit ihr nichts gemein. Der Inhalt
beruht auf sozialpsychologischen Modellen, Überlieferungen, historischen
Ereignissen und globalen Strategieüberlegungen.
Die zukünftige Weltordnung wird von Menschen mit verschiedenen Standpunkten
verschieden bezeichnet: Wassermann-Zeitalter, Zeitalter der
Vernunft, Reich Gottes, Neues Zeitalter (New Age) und globale humanistische
Gesellschaft sind einige der
Begriffe. Die Grundzüge stimmen überein: Ein Zusammenleben zum gemeinsamen
Nutzen der ganzen Menschheit unter Achtung und Bewahrung der Umwelt. Je nach
(nicht) religiösem Hintergrund ist damit eine größere Spiritualität, die
unmittelbare Anwesenheit Gottes unter den Menschen oder eine höhere Qualität
menschlichen Bewußtseins verbunden.
Worauf gründet sich die zukünftige Weltordnung? Da mir logische Erklärungen am
Liebsten sind, möchte ich das anhand des "Gefangenen-Dilemmas" kurz darstellen.
Das ist ein sozialpsychologisches Modell zur Ermittlung optimaler
Handlungsstrategien.
Kurzfassung: Zwei Landstreicher, die gemeinsam ein schweres Verbrechen begangen
haben, werden gefangen. Das schwere Verbrechen kann ihnen ohne Geständnis nicht
nachgewiesen werden, wohl aber beiden einzeln ein geringeres. Beiden wird
getrennt angeboten, durch Belastung des Anderen straffrei auszugehen oder für
das geringere eigene Verbrechen bestraft zu werden. Die optimale Lösung besteht
in Verweigerung der Aussage und Inkaufnahme der geringeren Strafe durch beide.
Dieses Modell läßt sich mit beliebig vielen Spielern und beliebig vielen Runden
durchrechnen, die optimale Lösung bleibt gleich: "Wie Du mir, so ich Dir."
(gemeinsame Förderung, auch zum eigenen Nachteil), "Wie ich Dir, so ich mir."
(keine eigene Benachteiligung zugunsten des Anderen) und "Wer nicht mitmacht,
wird ausgegrenzt." (gewaltfreie Isolierung, die entweder zur Teilnahme oder zum
Schaden des Querschlägers führt).
Die Begründung ist einfach: Das optimale Ergebnis besteht im geringsten Schaden
bzw. größten Nutzen für die Gemeinschaft. Jeder größere als geringstmögliche
Schaden oder geringere als größtmögliche Nutzen bedeutet einen Verlust. Dabei
ist unerheblich, wem der Schaden zugefügt wird bzw. wer den geringeren Nutzen
hat.
Wer sich für Details interessiert, kann sie über die Verknüpfung "Das
Gefangenen-Dilemma" auf meiner Startseite oder in massenhaft vorhandenen
anderen Quellen finden.
Dieselbe Lösung schlägt auch die Bibel (in Unkenntnis von Sozialpsychologie und
Statistik) vor. Besonders Jesus hat das nicht nur erzählt (besonders von der
Nächsten- und Feindesliebe, "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst."), sondern
praktisch vorgelebt, einschließlich der Ausgrenzung bzw. Verweigerung der
Zusammenarbeit (gegenüber jüdischer Priesterschaft und römischer
Besatzungsmacht).
Gandhi bewies die Wirksamkeit mit seiner Strategie der Verweigerung (gegenüber
der britischen Kolonialmacht in Indien) und Einigung der Anhänger verschiedener
Religionen zum Handeln im gemeinsamen Interesse.
1995 übergab die "Commission on Global Governance" der UNO ein Strategiepapier
namens "Our Global Neighbourhood", welches die Grundzüge eines zukünftigen
globalen Zusammenlebens beinhaltet und denselben Prinzipien folgt (Verknüpfung
ebenfalls auf meiner Seite).
Die Regeln der zukünftigen Weltordnung sind also denkbar einfach: Nächsten-
einschließlich Feindesliebe (z.B. in Form gewaltfreier Konfliktbewältigung) und
Ausgrenzung derer, die dagegen verstoßen (bzw. Verweigerung der
Zusammenarbeit). Das bezieht sich nicht nur auf die menschliche, sondern auch
auf die natürliche Umwelt. Wenn wir schon nicht auf Jesus hören, sollten wir
wenigstens die objektiven Beweise der Richtigkeit seiner Worte erkennen.
25.10.2002
Torsten Reichelt