Von Nostradamus über Jesus und Lenin... wohin?


Inhalt

1. Der esoterische religiöse Revolutionär
2. Unbefriedigende Ziele
3. Nostradamus
4. Jesus, Moses, Mohammed
5. Marx, Engels und Lenin durch die soziologische Hintertür
6. Die christliche und die kommunistische Gemeinschaft
7. Marx' Fehleinschätzung
8. Christ oder Kommunist
9. Lacht noch jemand?
10. UND statt entweder / oder


1. Der esoterische religiöse Revolutionär   [zum Inhaltsverzeichnis]

Wie kann jemand heutzutage noch Kommunist sein, und das, obwohl er 40 Jahre unter diesem diktatorischen, totalitären, freiheitsfeindlichen und überhaupt verbrecherischen System leiden mußte (na ja, in meinem Fall nur 26 Jahre, und das Leiden muß mir irgendwie entgangen sein)? Und zudem noch bekennender Christ, also Anhänger einer noch veralteteren Weltanschauung, deren Vertreter (natürlich nur beinahe) so viele Verfolgungen, Morde und andere Grausamkeiten zu verantworten haben wie die Kommunisten?

Außerdem paßt Beides noch nicht einmal zusammen. Schließlich beruht der Kommunismus auf einer wissenschaftlichen Grundlage und ist atheistisch.

Da kommt wohl einer mit seiner Umgebung nicht zurecht und sucht irgendeinen Ausweg in überholten Theorien und spirituellen Ausflüchten?

Zum ersten Teil: Ja, ich komme mit meiner Umgebung, der kapitalistischen Gesellschaftsordnung der BRD, nicht zurecht und kann mich mit ihr weder abfinden noch mich ihr über ein notwendiges Maß hinaus anpassen. Das nennt man wohl mangelnde soziale Kompetenz. Ich kann sogar für Freunde der psychologischen Analyse noch einen draufsetzen: Angeschoben wurde meine Hinwendung zu Christentum und Kommunismus ganz wesentlich durch Nostradamus.

An dieser Stelle darf ruhig lachend mit dem Kopf geschüttelt werden. Ich versichere, daß sich das beim Lesen der nächsten Abschnitte ändern wird.

Bevor jetzt jemand das weiße Taxi mit den netten Herren ruft, die mir dann unter freundlichen Worten in meine schöne neue Jacke helfen, deren lange Ärmel man sogar hinter dem Rücken verknoten kann, möchte ich das näher erklären:

2. Unbefriedigende Ziele   [zum Inhaltsverzeichnis]

Nach der Konterrevolution 1989 ("Wende") wurde mir im Verlauf der Jahre immer klarer, daß mir das neue (bzw. uralte) "Werte"system nicht gefällt. Karriere, Eigentum und Spaß machen eben nicht zufrieden, sondern befriedigen nur kurzzeitig, bis nach kurzer Entspannung der Drang nach weiterer Karriere, noch mehr Eigentum und noch mehr Spaß einsetzt (was einem Suchtverhalten entspricht, wie die Begriffe Herrschsucht, Habsucht und Genußsucht richtig ausdrücken).

Manche finden ja ihre Befriedigung in selbstaufopfernder Tätigkeit für Andere. Die falsche Vorstellung, der Lohn der guten Tat würde schon irgendwann auf sie zurückfallen, macht sie zur leichten Beute eines Jeden, der sie ausnutzen will ("Mißbrauchte Nächstenliebe"). Auch das habe ich zur Genüge ausprobiert und machte folgerichtig die Erfahrung, daß der Gute immer der Dumme ist. Nicht umsonst der Begriff "gutdumm", der meist als "gut", "selbstlos" oder "altruistisch" beschönigt wird.

Obwohl atheistisch in der DDR erzogen, hatte mich der Marxismus-Leninismus nicht überzeugt. Das Ziel einer kommunistischen Gesellschaft, in der Jeder zum Nutzen Aller arbeitet, war ja ganz offensichtlich an den Menschen gescheitert (was immer diese verschwommene Aussage bedeutet). Genauso sah das mit der christlichen Religion aus, mit der ich mich ein paar Jahre beschäftigt hatte: Prima Idee, das mit den Geboten und der Nächstenliebe. Aber ebenfalls mit dem Menschen offensichtlich nicht umsetzbar. Außerdem ist ja wohl ein Gott, der Elend und Unglück duldet, nicht gerade einer der "Liebe und Gnade", wie immer behauptet wird.

Ich hatte das Gefühl, da müsse doch noch etwas Anderes, Höheres, Gutes sein, konnte aber beim besten Willen nicht sagen, was das ist. Also stopfte ich recht wahllos Informationen aus allen möglichen Gebieten in mich hinein und suchte nach Übereinstimmungen, auch mit eigenen Beobachtungen. Irgendwann mußte sich doch einmal ein Gesamtbild oder zumindest ein Ansatz ergeben!

3. Nostradamus   [zum Inhaltsverzeichnis]

So las ich auch zwei Bücher, welche mir meine Frau schenkte, über die und mit den Prophezeiungen Nostradamus'. Schließlich müssen Texte, die über Jahrhunderte Menschen beschäftigen, doch irgendwas an sich haben. Ich diskutierte in Internetforen über die offensichtlich verworrenen Verse.

Genauer gesagt: so verworren sie auch erscheinen, lassen sie doch stellenweise deutliche Parallelen zu historischen und gegenwärtigen Ereignissen und Entwicklungen erkennen, mit oder ohne "Schlüssel". Und dennoch kann man nicht sagen, ob nun ein bestimmtes Ereignis beschrieben ist oder nicht. Die "großen" Nostradamusinterpreten der Vergangenheit und Gegenwart waren und sind selten gleicher Meinung, konnten nicht ein konkretes Ereignis richtig herauslesen und nur Gott weiß, wie viele Menschen diese Texte bei der Beschäftigung mit ihnen in den Wahnsinn trieben.

Zum Glück habe ich (was ich selten tue) irgendwann auch Nostradamus' Vorworte zu seinen Versen gelesen. Diese enthalten im Klartext und in zusammenhängenden Sätzen neben kaum deutbaren Prophezeiungen (ich verwende dieses Wort, obwohl "Visionen" treffender wäre) auch Einiges über sein Weltbild. Insbesondere über die Zusammenhänge von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, welche zum Beispiel am Begriff "zukünftige Ursachen" sichtbar werden.

Wenn ich ihn richtig verstehe, kam er zur gleichen Schlußfolgerung, welche mir seit Jahren unterschwellig bewußt war: das Ursache-Wirkungs-Prinzip (Kausalität) gilt ausnahmslos in allen Bereichen des Universums, in Materie, Bewußtsein und Gesellschaft. Somit sind Prophezeiungen, selbst wenn sie möglich wären, nutzlos. Sie wären nur Informationen über eine (besser aus einer) Zukunft und ihre Kenntnis würde an ihrem Eintreten nichts ändern.

Ein schönes Beispiel, daß diese Idee durchaus nicht neu ist, ist die Ödipus-Sage aus der griechischen Mythologie. Aufgrund der Prophezeiung, daß er seinen Vater erschlagen und seine Mutter ehelichen wird, wuchs Ödipus in Unkenntnis seiner wahren Eltern in der Fremde auf. Dadurch wurde möglich, daß er seinen Vater nicht kennt und in einem Streit erschlägt und dann dessen Witwe, seine eigene Mutter, zur Frau nimmt. So führte der Versuch, die prophezeite Zukunft zu verhindern, diese erst herbei.

Wenn aber alle Ereignisse kausal zusammenhängen, müssen sie Gesetzmäßigkeiten unterliegen. Mit diesen beschäftigte ich mich dann, was auf die Formulierung einer "Weltformel" hinauslief. Obwohl meine Formulierung falsch sein kann, steht die Existenz einer Weltformel (besser eines universellen Prinzips) für mich außerhalb jeden Zweifels.

Da ich ja wohl kaum als Erster auf eine solche Idee gekommen war, suchte ich Parallelen. Schon vorher war ich über Immanuel Kants "universelles Gefühlsfeld", Rupert Sheldrakes "morphogenetische Felder" und Einiges mehr gestolpert, bzw. waren das Teilerkenntnisse, welche mit zur "Weltformel" führten.

4. Jesus, Moses, Mohammed   [zum Inhaltsverzeichnis]

Irgendwann fielen mir dann Aussagen der Bibel ein, welche über Gott getroffen werden: ewig, unveränderlich, unsichtbar, allmächtig, allwissend, allgegenwärtig und willkürlich - genau dieselben Eigenschaften, die auch ein universelles Prinzip bzw. die Summe aller objektiven Gesetzmäßigkeiten hat (siehe "Der Beweis Gottes").

Nun wurde mir auch klar, was in der Bibel steht: Sie ist eben kein Geschichtsbuch, sondern ein Geschichtenbuch. Bestimmte Handlungen ziehen unweigerlich aufgrund ewiger Gesetzmäßigkeiten ihre Folgen nach sich. Handelt Jemand unter Anerkennung und bewußter Nutzung dieser Gesetzmäßigkeiten ("Gottes", "Allahs", "JHWHs"), so werden die Folgen seinen Absichten entsprechen und zu seinem Nutzen sein. Natürlich muß das Anderen als "Wunder" erscheinen, wie ja immer Unwissenden als Wunder erschien, was Kenner von Gesetzmäßigkeiten durch deren Anwendung schufen oder taten (Maschinen oder Heilungen).

Übrigens haben Unwissende seit altersher ein wirksames Mittel dagegen: Sie verspotten, erschlagen oder verbrennen die Leute, welche ihr herrlich einfaches und / oder ihnen scheinbar nützliches Weltbild stören. Man betrachte nur das Schicksal Jesu und seiner Apostel oder auch der "Ketzer".

Dafür nehmen sie sogar in Kauf, daß ihr eigenes Handeln nach Gutdünken unvermeidlich zum eigenen Schaden führt (die seltenen Fälle ausgenommen, in denen Gutdünken mit dem Handeln nach Gesetzmäßigkeiten übereinstimmt).

In den Geschichten und Geboten spiegeln sich die damaligen Erkenntnisse über Gesetzmäßigkeiten wider, welche als Gott bezeichnet werden. Die Menschen waren aus heidnischer Tradition gewohnt, an personifizierte Götter zu glauben. Was wäre wohl geschehen, hätte Moses von "objektiven Gesetzmäßigkeiten" erzählt?

Nicht umsonst ist im Alten Testament laufend vom "Gesetz" die Rede. Das schriftliche Gesetz (Thora) ist die praktische Umsetzung der erkannten objektiven Gesetzmäßigkeiten, um sie der Allgemeinheit zu vermitteln. Das Hintergrundwissen hatten nur Wenige, nämlich die Priesterschaft. Jesus, Mohammed und Andere haben es dann noch erweitert, präzisiert und gleichzeitig von zwischenzeitlich eingebrachten Abweichungen befreit.

Jesus Christus kommt hier eine besondere Bedeutung zu, da er nicht nur praktische Handlungsanleitungen gab, sondern ihre Umsetzung aktiv vorlebte und mittels Gleichnissen Hintergründe und Verallgemeinerbarkeit erläuterte. Was davon bis heute in der Bibel erhalten ist, läßt darauf schließen, daß das nicht dem Hirn eines religiösen Spinners oder Gutmenschen entsprang, sondern sehr genauen Erkenntnissen gesellschaftlicher und anderer Gesetzmäßigkeiten, vielleicht auch solcher, welche der heutigen "Wissenschaft" unbekannt sind. Das wäre kaum erstaunlich, da z.B. heute auch Betriebswirtschaftlern und "Wirtschaftsexperten" die einfachsten ökonomischen Gesetze unbekannt sind, die wirlich narrensicher z.B. im "Kapital" stehen.

Deshalb habe ich nicht das geringste Problem damit, Jesus Christus als Sohn Gottes (Produkt, guter Kenner und Nutzer objektiver Gesetzmäßigkeiten) anzuerkennen, wie auch als Erlöser, denn seine Erkenntnisse beeinflußten und beeinflussen bis heute die geistige Menschheitsentwicklung und sind unauslöschlich auch Grundlage künftiger Erkenntnis. Um nicht mißverstanden zu werden: natürlich nicht die einzige; gleiches gilt beispielsweise für Aristoteles oder Albert Einstein.

Dagegen ist mir unmöglich, die Kirchen als Vertreter einer "christlichen" Religion zu sehen. Sie verbreiten Irrlehren und betreiben Götzendienst (Dreieinigkeitslehre, Anbetung von Symbolen). Besonders gotteslästerlich ist, wenn sich ein Mensch als "Stellvertreter Gottes auf Erden" bezeichnet oder Mörder heiligspricht. Deshalb und wegen der Unterstützung von Gesellschaftsordnungen, deren herrschenden Klassen sich offensichtlich weder an den biblischen Geboten noch an objektiven Gesetzmäßigkeiten orientieren, also in jedem Falle "gottlos" sind, bin ich erklärter Gegner der Kirchen. Der Hehler ist nicht besser als der Stehler.

5. Marx, Engels und Lenin durch die soziologische Hintertür   [zum Inhaltsverzeichnis]

Später erinnerte ich mich an einen Beitrag in einem Internetforum, der vom "Gefangenendilemma" handelte. Mit diesem spieltheoretischen Modell lassen sich optimale Verhaltensrichtlinien in zwischenmenschlichen und anderen Wechselwirkungen ermitteln. Die optimale Lösung bestätigt sowohl die Weltformel, das laut Jesus wichtigste Gebot ("Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst.") als auch etwas Anderes: den Gemeinnutz als Optimum gesellschaftlicher Organisation.

Daraufhin fielen mir (auch mit Hilfe meines Freundes Hans-Jürgen) viele Sätze ein, welche ich in Staatsbürgerkunde, Politischer Schulung und Marxismus-Leninismus schon gehört, gelernt und nachgeplappert, aber nie verstanden hatte. Auch im Marxismus-Leninismus werden ja objektive Gesetzmäßigkeiten als Grundlage der Wechselwirkung zwischen Materie und Bewußtsein sowie der Gesellschaft betrachtet.

Der Mensch ist davon eben nicht unabhängig, sondern diesen Gesetzmäßigkeiten unterworfen, als Individuum wie auch in der Wechselwirkung mit der Gesellschaft. Er kann und muß die Gesetzmäßigkeiten erkennen und bewußt nutzen (also wissenschaftlich herangehen), um die optimale Gesellschaftsordnung, den Kommunismus, zu errichten. Nach meiner Erkenntnis sind also Kommunisten nicht gottlos, sondern geben Gott nur einen anderen, nämlich gar keinen Namen bzw. nennen ihn "objektive Gesetzmäßigkeiten". Da der Kommunismus aufgrund dieser objektiven Gesetzmäßigkeiten errichtet wird, ist er somit mit dem Reich Gottes gleichzusetzen.

6. Die christliche und die kommunistische Gemeinschaft    [zum Inhaltsverzeichnis]

Wer jetzt meint, das wäre an den Haaren herbeigezogen, sei auf die Schilderung einer urchristlichen Gemeinde in der Bibel (Apostelgeschichte 4,32ff.) verwiesen:
Gemeinschaftliches Eigentum, gemeinsame Arbeit, die Verteilung nach Bedürftigkeit, geführt durch die Apostel (also jene mit dem höchsten Erkenntnisstand über Gott bzw. objektive Gesetzmäßigkeiten).

Also sehr ähnlich kommunistischen Prinzipien:
Gesellschaftliches Eigentum an gesellschaftlichen Produktionsmitteln, "Jeder nach seinen Fähigkeiten, Jedem nach seinen Bedürfnissen.", geführt von der kommunistischen Partei.

Für einen Zufall sind mir die Übereinstimmungen zu weitreichend. Die Prinzipien der urchristlichen Gemeinden stimmen zu genau mit kommunistischen überein, um nicht auch richtigen und ähnlichen Erkenntnissen zu entstammen.

7. Marx' Fehleinschätzung   [zum Inhaltsverzeichnis]

Karl Marx schrieb: "Der Mensch, das ist die Welt des Menschen, Staat, Sozietät. Dieser Staat, diese Sozietät produzieren die Religion als verkehrtes Weltbewußtsein, weil sie eine verkehrte Welt sind." (K. Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, in: MEW Bd. 1, Berlin 1957, S. 378).

Hier irrt Marx, indem er die Religion mit der verkehrten Interpretation der christlichen Religion durch die Kirchen seiner Zeit gleichsetzt. Seine eigenen Erkenntnisse entstammen ja auch der Beobachtung und Analyse der kapitalistischen Gesellschaftsordnung. Genau daraus erkannte er ihre Gesetzmäßigkeiten sowie die Folgerichtigkeit, Notwendigkeit und Mechanismen ihrer Beseitigung. Warum gesteht er diese Erkenntnisfähigkeit Menschen früherer Epochen nicht zu?

Die jüdische, christliche und islamische Religion widerspiegeln den jeweiligen Erkenntnisstand über die Welt zu ihrer Zeit, und zwar den ihrer revolutionären Vordenker. Wie heute bestehen diese Erkenntnisse aus richtigen, falschen und fehlenden Erkenntnissen. Nicht ein Volk oder die Menschheit erschaffen eine Religion, sondern Einzelpersonen oder kleine Personengruppen. Wie auch der Marxismus nicht im Volk entstand, sondern vor dem Hintergrund der gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse von Wenigen, genauer gesagt Marx und Engels, erarbeitet wurde.

Daß eine Religion im Interesse einer Schicht (z.B. Priesterschaft) und / oder der jeweils herrschenden Klasse verkehrt und mißbraucht werden kann, unterscheidet sie in keiner Weise vom Marxismus(-Leninismus). Auch dieser wurde verkehrt und z.B. in den sozialistischen Ländern zur parasitären Bereicherung von Mitgliedern in Partei und Regierung verwendet. Auch im Kapitalismus wird er ständig verzerrt, z.B. um eine einige marxistische Bewegung und letztlich die soziale Revolution zu verhindern.

Nun gut, das konnte Marx nicht wissen. Aber schon zu seiner Zeit war er ja der Kritik auch seitens derer ausgesetzt, welche sich Sozialisten nannten. Da konnte er kaum erwarten, daß sich das später ändern würde. Gerade der Religionsmißbrauch hätte ihm lebendiges Beispiel dessen sein müssen.

8. Christ oder Kommunist    [zum Inhaltsverzeichnis]

Warum bezeichne ich mich nicht nur als Kommunist, sondern auch als Christ?

Der wissenschaftliche Kommunismus hat trotz eines globalen Großversuchs noch nicht in eine stabile sozialistische oder gar kommunistische Gesellschaft geführt. Offensichtlich enthält auch er noch falsche und / oder fehlende Erkenntnisse. Diese können durch die aus der christlichen Religion ergänzt werden. Während der bisherige Kommunismus die gesellschaftlichen Veränderungen in den Mittelpunkt der Betrachtung und des Handelns stellt, tut dies die christliche Religion mit den persönlichen Veränderungen.

Beides für sich hat noch nicht zur Errichtung der langzeitstabilen gemeinnützigen Gesellschaft geführt, mag man die nun Weltkommunismus oder Reich Gottes nennen. "Den Sozialismus in seinem Lauf..." halten Ochs und Esel eben doch auf (in Anlehnung an einen Ausspruch August Bebels vor dem Deutschen Reichstag 1903, übernommen von Erich Honecker; ich will hier keine Namen von Ochsen und Eseln nennen). Nämlich dann, wenn sie die Gesetzmäßigkeiten in Materie, Bewußtsein und Gesellschaft nicht richtig erkennen und / oder nicht konsequent zur Richtlinie eigenen Denkens und vor Allem Handelns machen. Das betrifft in erster Linie die führende Kraft, aber darüberhinaus jedes einzelne Mitglied einer Gesellschaft und im globalen Maßstab jeden Menschen.

Ich bezeichne mich auch deshalb als Christ, weil ich Gott bzw. den objektiven Gesetzmäßigkeiten tatsächlich den "allerhöchsten" Stellenwert beimesse. Sie sind im Wortsinn "allmächtig" und nur, wer sein Handeln ständig "demütig" diesen unterordnet wie seine Ziele am objektiv Folgerichtigen und Notwendigen ausrichtet, wird auch optimal wirksam. Ein solches Denken und Handeln findet sich höchst selten bei "Christen" wie "Kommunisten". Die gedankliche Hingabe an Gott ist bei vielen "Christen" ausgeprägter, allerdings ohne genaue Vorstellungen, an was sie sich da hingeben und mit welchem Ziel. Demgegenüber haben viele "Kommunisten" zwar klare Vorstellungen vom Ziel und sind handlungsorientierter, aber meinen gleichzeitig, nebenbei einigermaßen bequem in einer Welt leben zu können, welche sich nicht um objektive Gesetzmäßigkeiten schert. Das widerspiegelt den bereits erwähnten Unterschied zwischen mehrheitlich persönlicher Ausrichtung christlichen und gesellschaftlicher Ausrichtung kommunistischen Denkens und Handelns.

Nur Beides, immer und in vollem Umfang, kann zur Errichtung des Kommunismus bzw. Reiches Gottes führen. Natürlich nur im Rahmen des persönlichen Erkenntnisstandes, der Persönlichkeitsmerkmale und der Fähigkeiten des Einzelnen. Auch für mich ist ein unerreichbares Ideal, "immer und in vollem Umfang" und dazu auch noch richtig zu handeln. Die Frage ist nicht, ob man es erreicht, sondern ob man es anstrebt.

9. Lacht noch jemand?   [zum Inhaltsverzeichnis]

So kam ich von Nostradamus über Jesus zu Lenin, ohne die jeweils vorherigen Erkennnisse über Bord zu werfen.

In der Überschrift stelle ich die Frage nach dem Wohin. Ganz einfach: da nur ein Universum, eine Welt, eine objektive Realität, eine Wahrheit existiert, müssen und werden sich Religion, Philosophie, Natur- und Gesellschaftswissenschaft einem Punkt nähern: der gemeinsamen richtigen Erkenntnis und vor Allem Nutzung dieser Erkenntnis.

10. UND statt entweder / oder   [zum Inhaltsverzeichnis]

Ideologische Grabenkämpfe führen nur dazu, daß fremde richtige Erkenntnisse ignoriert werden und im schlimmsten Fall verlorengehen, um dann mühsam erneut gesucht werden zu müssen. (Beispiel: Nach wie vor gehört zu den guten alten Traditionen nach einem Sieg, die Bibliotheken des Besiegten niederzubrennen, wie auch im übertragenen Sinne nach der Wiedervereinnahmung der DDR in die BRD. Jetzt werden Polikliniken und Ganztagskindertagesstätten wiedererfunden.) Zudem besteht die Gefahr der Festschreibung falscher Erkenntnisse als Dogmen, obwohl sie längst stichhaltig widerlegbar sind. Die wahren Verursacher wie Sieger solcher Auseinandersetzungen sind Dummheit, Egoismus und Arroganz bzw. deren menschliche Repräsentanten.

Dennoch werde ich die Hoffnung und Überzeugung nicht aufgeben, daß sich der Mensch im globalen Maßstab als das erweist, was er hochstaplerisch schon längst behauptet: ein vernunftbegabtes und soziales Wesen zu sein. Und ich werde weiter mein Möglichstes dafür tun.

03.03.2004

Torsten Reichelt

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